Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 04.10.2022; Aktenzeichen 28 O 5442/22) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts München I vom 04.10.2022, Az. 28 O 5442/22, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 954,76 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2022 nach Herausgabe des Personenkraftwagens Marke BMW, Typ 118d, Fahrzeug-Identifikationsnummer ..., nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kläger werden verurteilt, den Personenkraftwagen Marke BMW, Typ 118d, Fahrzeug-Identifikationsnummer ..., einschließlich Fahrzeugschlüssel, Zulassungsbescheinigung Teil I und Bord-/Wartungshandbuch an die Beklagte herauszugeben.
4. Es wird festgestellt, dass die Kläger verpflichtet sind, jeglichen Wertverlust des Personenkraftwagens Marke BMW, Typ 118d, mit der Fahrzeug-Identifikationsnummer ..., bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
II. Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen - den Klägern nur wegen der Kosten -, die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Den Klägern wird wegen der Herausgabe des Personenkraftwagens nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten insoweit durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines zwischen ihnen zum Zwecke der Finanzierung eines Fahrzeugkaufs geschlossenen Darlehensvertrags.
Am 09.10.2019 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Kreditvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 24.439,29 EUR und Zinsen von 2.649,41 EUR (im Folgenden: Darlehensvertrag; s. Anlage K 2). Vereinbart wurde ein effektiver Jahreszins von 2,99 % p.a. Hiermit wurde der Kauf eines als Gebrauchtfahrzeug erworbenen Pkw, Marke BMW, Typ 118d, Fahrzeugidentifikationsnummer ... (im Folgenden: Kfz), durch die Kläger bei der ... GmbH, ... (im Folgenden: Kfz-Verkäuferin), finanziert (s. Anlage K 1). Der Kaufpreis betrug 26.649 EUR. Die Kläger leisteten eine Anzahlung aus Eigenmitteln von 4.000 EUR. Das Darlehen wurde zudem zur Finanzierung zweier Versicherungen eingesetzt, einer "Ratenschutzversicherung Tod und AU" und einer "Shortfall GAP Versicherung". In der Valuta von 24.439,29 EUR sind daher insgesamt 1.790,29 EUR für die Bezahlung der diesbezüglichen Einmalprämien enthalten. Der Nettodarlehensbetrag wurde von der Beklagten direkt an die Kfz-Verkäuferin und die Versicherungsunternehmen ausgekehrt. Das Darlehen war in 59 - jeweils Tilgung und Zins enthaltenden - monatlichen Raten zu je 269,30 EUR und einer Schlussrate von 11.200 EUR zurückzuzahlen.
Im Darlehensvertrag (Anlage K 2, S. 5) wurde unter der Überschrift "Warnhinweis bei ausbleibenden Zahlungen" u.a. Folgendes ausgeführt:
"Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr sowie (...) berechnet."
In der dem Kläger ausgehändigten Widerrufsinformation (Anlage K 2, S. 8) finden sich u.a. nachfolgende Angaben:
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angaben von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nach Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten haben."
Unter "Widerrufsfolgen" steht ist neben anderem:
"Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 1,90 Euro zu zahlen."
Das Darlehen ist teilweise zurückgeführt, wobei streitig ist, ob die Kläger bislang 41 (so die Beklagtenseite) oder 42 (so die Klageseite) Darlehensraten - mithin insgesamt 11.041,30 EUR oder 11.310,60 EUR - an die Beklagte zahlten.
Mit Schreiben vom 09.02.2022 (Anlage K 3a) widerrief der Kläger zu 1) den Darlehensvertrag, mit Schreiben vom 17.02.2022 (Anlage K 3b) die Klägerin zu 2), was die Beklagte zurückwies (Anlage K 4).
Die Kläger sind immer noch im Besitz des Kfz.
Die Kläger begehren im Kern die Rückabwicklung des Darlehensvertrages, da ihre Widerrufe wirksam, insbesondere fristgemäß erfolgt seien. Der Darlehensvertrag enthalte fehlerhafte und ...