Leitsatz (amtlich)
Die Erfüllung der Einlageschuld des Gesellschafters einer GmbH erfordert keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung. Erforderlich ist nur, dass eine Einzahlung diesem Schuldverhältnis zugeordnet werden kann. Diese Voraussetzung kann auch dann erfüllt sein, wenn die Einzahlung höher ist als die offene Einlageschuld.
Normenkette
GmbHG § 19; BGB §§ 362, 366
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 19.10.2005; Aktenzeichen 6 O 1975/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Traunstein vom 19.10.2005 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer am 7.6.2001 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründeten GmbH. Der Beklagte war ihr alleiniger Gesellschafter und bis 15.10.2003 alleiniger Geschäftsführer. Mit seiner Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Erfüllung seiner Einlageverpflichtung in Anspruch.
Der Beklagte hatte am 30.8.2001 zweimal 25.000 DM eingezahlt. Am selben Tag erfolgte eine Auszahlung an ihn i.H.v. 25.000 DM und am 5.9.2001 eine weitere Auszahlung i.H.v. 23.000 DM. Am Tag der Anmeldung der Gemeinschuldnerin zum Handelsregister am 13.9.2001 wies das Konto der Gemeinschuldnerin nur noch ein Guthaben i.H.v. umgerechnet 154,45 EUR auf.
Im August 2003 veranlasste der Beklagte über eine österreichische Bank zwei Überweisungen auf ein neueingerichtetes Konto der Gemeinschuldnerin, am 1.8.2003 i.H.v. 49.897,50 EUR und am 18.8.2003 i.H.v. 29.937,50 EUR. Als Verwendungszweck war jeweils angegeben: "Darlehen f. Callcenter". Dabei handelte es sich um die Valuta, die der Beklagte als persönliches Darlehen mit dem Verwendungszweck "Übernahme Call-Center" bei der österreichischen Bank aufgenommen hatte.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Stammeinlage sei nicht wirksam geleistet worden, weil sie bereits vor Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister der Verfügungsgewalt des Geschäftsführers entzogen worden sei. Bei den späteren Einzahlungen sei die Einlage ebenfalls nicht erbracht worden. Es habe sich vielmehr um ein Darlehen an die Gemeinschuldnerin gehandelt.
Der Beklagte hat ausgeführt, die Angabe des Verwendungszwecks bei den Überweisungen im August 2003 habe er nicht veranlasst, sondern die überweisende Bank von sich aus mit Rücksicht auf den mit ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag. Die Einlageschuld sei spätestens durch die Einzahlungen im Jahr 2003 getilgt. Aber auch eine Bewertung dieser Einzahlungen in voller Höhe als Darlehensgewährung an die Gemeinschuldnerin wäre für den Zweck der Kapitalaufbringung ausreichend. Die Gemeinschuldnerin habe für den beabsichtigten Erwerb von Investitionsgütern zum Betrieb eines Callcenters sonst keine ausreichenden Mittel gehabt. Die Darlehensgewährung wäre deshalb Kapitalersatz gewesen und hätte folglich vom Beklagten ebenso wenig wie eine ausdrücklich als Einlage bezeichnete Zahlung zurückerlangt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen in I. Instanz wird auf das Urteil des LG Traunstein vom 19.10.2005 Bezug genommen.
Das LG Traunstein hat mit diesem Urteil der auf Zahlung von 25.000 EUR nebst Zinsen gerichteten Klagehöhe von 24.845,55 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, in der entsprechenden Höhe sei der Beklagte zur Nachzahlung verpflichtet, da das Konto der Gemeinschuldnerin am Tag des Eingangs des Eintragungsantrags beim Registergericht nur noch ein Guthaben von 154,45 EUR aufgewiesen habe. Die Zweckbestimmung der vorherigen Rückzahlungen an den Beklagten spiele keine Rolle. Die beiden Zahlungen im Jahre 2003 seien nach ausdrücklicher Bestimmung nicht auf die Stammeinlage sondern als Darlehen geleistet worden. Wer diesen Verwendungszweck angegeben hat, spiele keine Rolle. Der Beklagte könne jedenfalls nicht nachweisen, dass die Erfüllung der Stammeinlagenverpflichtung der tatsächliche Verwendungszweck gewesen sein sollte.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter verfolgt.
Die Parteien bekräftigen in der Berufungsinstanz ihre rechtliche Beurteilung und haben zum Sachverhalt ergänzende Ausführungen gemacht. Danach ist das Konto der Gemeinschuldnerin, auf das die Zahlungen im August 2003 überwiesen worden waren, am 15.9.2003 bei einem negativen Kontostand i.H.v. 1.379,98 EUR auf die Firma T. KG. umgeschrieben worden (Umsatzübersichten in Anlage K19). Diese Firma war am 29.8.2003 gegründet worden, wobei die Gemeinschuldnerin als Komplementär-GmbH ohne Einlageverpflichtung beigetreten ist. Der Beklagte war in dieser Firma einer von drei Kommanditisten mit eine...