Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 15 O 27992/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 26.09.2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30.10.2018, Az. 15 O 27992/12, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen des Endurteils des Landgerichts München I vom 26.09.2018 wird Bezug genommen.

II. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 201.000,- EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Entschädigungsanspruch wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb lediglich für die Zeit bis zum Auslaufen der widerrufenen Sendegenehmigung am 30.09.2010 zu. Die Möglichkeit einer Verlängerung der Genehmigung nach diesem Datum unterfalle dagegen nicht dem Schutzbereich des Art. 14 GG. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zu Art. 26 Abs. 1 Satz 3 BayMG (VerfGHE BY 56, 1; 58, 137) habe zwar ein Anspruch des Anbieters auf Verlängerung einer Sendegenehmigung bestanden, sofern nicht wichtige Gründe von ähnlichem Gewicht wie die für einen Widerruf vorlagen. Es könne aber dahinstehen, ob diese Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation anzuwenden sei und ob ein Fernsehunternehmer regelmäßig von der Neuerteilung einer ausgelaufenen Genehmigung habe ausgehen können. Denn eine Genehmigung habe dem Unternehmer nur eine für acht Jahre geschützte Rechtsposition verschaffen können, während der Anspruch auf Neuerteilung bzw. Verlängerung den Fortbestand der bisherigen Rechtslage vorausgesetzt habe. Insoweit sei ein schutzwürdiges Interesse des Unternehmers nicht anzuerkennen, weil grundsätzlich nicht darauf vertraut werden könne, dass eine günstige Rechtslage unverändert fortbestehe. Dann bestehe aber auch keine über den Ablauf der bisher erteilten Genehmigung hinausgehende verfestigte, dem Schutzbereich des Art. 14 GG zuzuordnende Rechtsposition. Das gelte umso mehr, als auch nach der Rechtsprechung des BayVerfGH und des BayVGH kein bedingungsloser Verlängerungsanspruch bestanden habe. Für die Frage einer verfestigten Rechtsposition komme es nicht darauf an, ob die Genehmigung im konkreten Fall tatsächlich später zu verlängern gewesen wäre, sondern nur darauf, dass im Zeitpunkt des Widerrufs eine solche Position noch nicht vorgelegen habe. Die Entschädigung für einen enteignungsgleichen Eingriff sei grundsätzlich nicht an einer hypothetischen Vermögensentwicklung, sondern an dem Verkehrswert der entzogenen Substanz auszurichten. Der Bundesgerichtshof habe allerdings die Trennung zwischen Entschädigung und Schadensersatz für den - hier vorliegenden - Fall eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs eingeschränkt. Da der Eigentumsschutz hier den Betrieb als funktionsfähige wirtschaftliche Einheit umfasse, die mehr sei als die Summe ihrer Bestandteile, sei für die Bemessung der Entschädigung entscheidend, wie sich der Widerruf der Sendegenehmigung auf den Gesamtbetrieb der Klägerin ausgewirkt habe. Die Möglichkeit der Beantragung einer Verlängerung der Sendegenehmigung habe dabei aus den bereits genannten Gründen außer Betracht zu bleiben. Bei der Ermittlung des Wertes der entzogenen Sendegenehmigung seien auch zukünftige hypothetische Entwicklungen zu berücksichtigen. Maßgeblich sei die Preisvorstellung eines fiktiven Unternehmenskäufers, der eine Prognose über die zukünftige Unternehmensentwicklung im Zeitpunkt des Widerrufs der Genehmigung zugrunde liege. Das Gericht folge insoweit den Berechnungen des Sachverständigen R., der auf Grundlage der Ertragswertmethode zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Ertragswert des Gesamtunternehmens bei zum 30.09.2010 auslaufender Sendegenehmigung EUR 434.000,- EUR betragen habe, und bei Widerruf der Genehmigung am 18.05.2009 mit Wirkung zum 25.10.2 009 EUR 233.000,-. Die wegen Verkürzung der Laufzeit der Genehmigung zu leistende Entschädigung betrage damit 201.000,- EUR. Die Vorgehensweise des Sachverständigen, den Unternehmenswert nach einer ewigen Rente zu berechnen, sei nicht zu beanstanden, weil die Ertragswertrechnung grundsätzlich von einer unbegrenzten Unternehmensfortführung ausgehe. Aus demselben Grund habe der Sachverständige seinen Berechnungen korrekt die Planzahlen für das Unternehmen ab 2011 zugrunde gelegt. Diese Planzahlen habe der Sachverständige auch nicht selbst ermitteln müssen, sondern sie nach Plausibilitätsprüfung anhand der Jahresabschlüsse bis 2009 und entsprechenden Korrekture...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge