Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Fahrzeug mit Dieselmotor
Normenkette
BGB §§ 31, 823 Abs. 2, § 826; StGB § 263
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 11.10.2019; Aktenzeichen 31 O 2128/18) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 11.10.2019, Az. 31 O 2128/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die der Kläger gegen die Beklagte als Herstellerin eines Fahrzeugs geltend macht, in dessen Motor der Kennung EA 189 eine abgasbeeinflussende Software verbaut worden ist.
Der Kläger erwarb am 29.01.2016 vom A. Zentrum L. einen gebrauchten PKW Audi A6 Avant 2.0 TDI zum Preis von 31.000,00 Euro, Anlage K 1. Das Fahrzeug war über die A. Bank mit monatlichen Raten à 500 EUR finanziert. Eine Schlussrate von 9.043,33 EUR war zum 01.02.2020 fällig.
In dem Fahrzeug war eine Motorgerätesoftware verbaut, durch welche im Prüfstandlauf (NEFZ) bessere Stickoxidwerte (NOx) erzielt werden als im realen Fahrbetrieb. Das vom Kraftfahrtbundesamt genehmigte Software-Update wurde am 14.11.2016 aufgespielt.
Nach Bekanntwerden des "Abgasskandals" schaltete die Beklagte im Herbst 2015 eine Internetwebseite, auf der sich Kunden mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer darüber informieren können, ob ihr Fahrzeug von der Manipulation betroffen ist. Dies wurde in den Medien auch bekannt gemacht.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet. Durch das Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Verschweigen der gesetzwidrigen Softwareprogrammierung habe sie den Kläger geschädigt. Die Beklagte habe sittenwidrig gehandelt.
Der Kläger hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er gewusst hätte, dass die Motorsteuerung manipuliert sei und der Wagen damit nicht die gesetzlichen Vorgaben einhalte. Bei den Informationen der Beklagten nach der ad-hoc Mitteilung vom 22.09.2015 sei lediglich von "Unregelmäßigkeiten" die Rede gewesen, was eine gewisse Unerheblichkeit suggeriere.
Der Kläger habe einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen. Der Schaden berechne sich nach den vom Kläger bislang bezahlten Raten. Mit dem Feststellungsantrag werden die noch zu zahlenden Raten inklusive der Schlussrate geltend gemacht. Der Kaufpreis habe 31.000 EUR betragen, die im Rahmen des Darlehensvertrags zu zahlende Gesamtsumme belaufe sich auf 33.043,33 EUR.
Das Softwareupdate sei nicht geeignet, den Schaden zu beseitigen. Es seien konkrete negative Auswirkungen des Updates (erhöhte Kraftstoffverbrauchswerte, verringerte Motorleistung und Drehmoment sowie höhere Geräuschemissionen und erhöhter Verschleiß) zu befürchten. Die Grenzwerte würden weiterhin nicht eingehalten.
Es bestehe ein Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB sowie nach §§ 823 Abs. 2, 31 BGB iVm § 263 StGB. Deliktische Ansprüche seien mit dem Darlehensvertrag nicht abgetreten worden, so dass die Aktivlegitimation gegeben sei.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe den Kläger nicht über Eigenschaften des Motors getäuscht. Die Beklagte habe den Motor nicht hergestellt. Es fehle an einer Täuschung und zudem jedenfalls an einer kausalen Erregung eines Irrtums bei dem Kläger, da dieser das Fahrzeug erst nach Bekanntwerden des Abgasskandals erworben habe. Er habe Kenntnis von der Betroffenheit des Fahrzeugs von der Dieselthematik gehabt. Der Kläger habe auch keinen Schaden erlitten. Das Software-Update habe keinerlei negative Auswirkungen auf das Fahrzeug.
Wegen der festgestellten Tatsachen und weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 ZPO.
Das Landgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2019 angehört. Auf das Protokoll (Bl. 119 ff d.A.) wird verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.10.2019 abgewiesen mit der Begründung, das Gericht habe sich nach der Anhörung des Klägers nicht mit hinreichender Gewissheit die Überzeugung bilden können, dass der Kläger den PKW ohne Kenntnis seiner möglichen Betroffenheit vom "Dieselskandal" erworben hat. Dem Kläger sei nicht der Nachweis gelungen, nicht den Kaufgegenstand erhalten zu haben, den er erwerben wollte.
Dagegen richtet sich die von dem Kläger eingelegte Berufung, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge vollumfänglich weiter verfolgt.
Das Gericht habe auf eine allgemeine Kenntnis vom "Dieselskandal" abgestellt, und die individuelle Kenntnis des Klägers von der Betroffenheit des Fahrzeugs unbeachtet gelassen. Die ad-hoc Mitteilung vom 22.09.2015 richte sich an den Kapit...