Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigentümerversammlung, Wohnungseigentümergemeinschaft, Wiederholungsgefahr, Hilfsantrag, Änderung der Zweckbestimmung, Unterlassungsanspruch, Ordnungshaft, Wohnungseigentum, Ordnungsgeld, Teilungserklärung, Gesellschafterversammlung, Gesellschafterbeschluss, Gemeinschaftseigentum, Sondereigentümer, Sitzungsniederschrift, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Geräuschimmissionen, Geschäftsführer Abberufung, Sachverständigengutachten, Erledigungserklärung
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 17.09.2021; Aktenzeichen 34 O 21245/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17.9.2021 (Az.: 34 O 21245/14) abgeändert gemäß den folgenden Ziffern.
2. Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung der Festsetzung eines angemessenen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zu Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - bei der Beklagten zu 2) zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern -, zu unterlassen, in den Räumen des Ladens Nr. 8 im Erdgeschoss des Gebäudes ..., ...M., zur Nachtzeit Geräte zu betreiben, die in der Wohnung des Klägers tieffrequente Geräuschimmissionen verursachen, welche die Anhaltswerte der DIN 45680 überschreiten.
3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 90% und die Beklagten 10% zu tragen. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Beklagten die Kosten beider Gutachten des Sachverständigen ... sowie die Kosten für die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 4.5.2020 zu tragen. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 92,5% und die Beklagten 7,5% zu tragen.
5. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Beseitigung bzw. Unterlassung von Störungen seines Wohnungseigentums geltend.
Der Kläger ist Eigentümer der im ersten Stock des Anwesens gelegenen Wohnung Nr. 6 der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ... Die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde (vor Inkrafttreten des WEG) durch Teilhabervertrag vom 14.11.1950 (Anlage K 2) begründet und durch notariellen Nachtrag vom 14.11.1953 (Anlage K 3) in eine Wohnungseigentümergemeinschaft nach WEG übergeleitet. Hinsichtlich des Inhalts der genannten Schriftstücke wird auf die Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen.
Unmittelbar unter der Wohnung des Klägers im Erdgeschoss liegt eine Gewerbeeinheit, die im Eigentum des mittlerweile verstorbenen Zeugen ... stand. Die Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss sind im Teilhabervertrag (Anlage K 2) als "Geschäftsräume" und im Nachtrag (Anlage K 3) nebst beiliegendem Aufteilungsplan als "Läden" bezeichnet.
Kraft Mietvertrags mit dem Zeugen ... betrieb der Erstbeklagte seit der Saison 2006 in der Einheit des Zeugen eine Eisverkaufsstelle, bei der keine Bewirtung im Lokal stattfindet, sondern das Eis (von dem streitig ist, ob und in welchem Umfang es in den Räumen auch produziert wird) über die Straße verkauft wird. Vor dem Lokal sind Klappbänke, Klappstühle, eine Topfpflanze und zwei Abfallbehälter aufgestellt.
In der Eigentümerversammlung vom 21.3.2006 waren der Zeuge ... und der Erstbeklagte anwesend. Der Erstbeklagte führte dabei aus, dass er in dem Lokal selbst hergestelltes Eis an sieben Tagen in der Woche zum Teil bis nach 22.30 Uhr verkaufen wolle. Zu einer Beschlussfassung zu diesem Punkt kam es in dieser Versammlung nicht. Auf den Inhalt der Niederschrift der Eigentümerversammlung (Anlage nach Bl. 82 der Akten) wird Bezug genommen.
In der nachfolgenden Eigentümerversammlung vom 11.7.2006 wurde mehrheitlich beschlossen, den Betrieb der Eisverkaufsstelle in der Ladeneinheit des Zeugen ... zu genehmigen (Beschluss 164/06). Mehrheitlich abgelehnt wurde die Nutzung und Umgestaltung der Außenfläche durch den Mieter ... (also den Erstbeklagten; Beschluss 166/06). Ferner wurde mehrheitlich beschlossen, dass "auch in Zukunft kein gastronomisches oder gastronomie-ähnliches Gewerbe (wie z.B. Café, Eisdiele, Back-Shop, Imbissstube o.ä.) in der Ladeneinheit betrieben werden darf" (Beschluss 170/06). Auf die Niederschrift der Eigentümerversammlung (Anlage B 1) wird Bezug genommen.
In der Eigentümerversammlung vom 3.5.2007 wurde ohne Gegenstimme bei mehreren Enthaltungen beschlossen, dem Erstbeklagten gegen eine Sondernutzungsgebühr zu gestatten, zwei Klappbänke, zwei Hocker, eine Topfpflanze und zwei Abfallbehälter auf dem Gemeinschaftseigentum vor dem Lokal aufzustellen (Beschluss 175/07). Auf die Niederschrift der Eigentümerversammlung (Anlage nach Bl. 82 der Akten) wird Bezug genommen.
Mit dreiseitigem Vertrag zwischen den beiden Beklagten und dem Zeugen ... vom 1.9.2015 (Anlage B 4) trat die zweitbeklagte GmbH in den Mietvertrag ein und übernahm der Erstbeklagte die gesamts...