Leitsatz (amtlich)
Die Verwertung eines in den Jahren 1980/1981 produzierten Spielfilms („Der Zauberberg”) auf einer Digital-Versatile-Disc (DVD) stellt ggü. herkömmlichen audiovisuellen Home-Video-Verfahren, insb. der im Zeitpunkt der Nutzungseinräumung (1980) unstreitig bekannten Verwertung auf Videokassette, keine technisch und wirtschaftlich eigenständige, neue Nutzungsart i.S.d. § 31 Abs. 4 UrhG dar.
Normenkette
UrhG § 31 Abs. 4
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 7 O 3154/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 4.10.2001 (7 O 3154/01) aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens, einschl. der Kosten der Nebenintervention, zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 9.000 Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob die Vervielfältigung und Verbreitung des Spielfilms „Der Zauberberg” auf einer sog. Digital-Versatile-Disc (DVD) seitens der Beklagten von einer Nutzungsrechtseinräumung seitens des Klägers mit Vertrag vom 11.8.1980 (Anlage B 1) umfasst ist oder ob es sich ggü. herkömmlichen audiovisuellen Home-Video-Verfahren – bezogen auf den Vertragszeitpunkt – um eine noch nicht bekannte Nutzungsart i.S.d. § 31 Abs. 4 UrhG handelt.
In diesem Zusammenhang macht der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Kostenübernahme geltend.
Der Kläger ist Szenenbildner und Filmarchitekt.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom 5.6.1992 gegründete Beklagte befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb (Verkauf und Vermietung) von Audio- und Videobändern, sowie Platten aller Art, insb. von Videokassetten und Video-DVDs. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Handelsregisterauszug des AG München vom 17.6.2002 (Anlage zu Bl. 283/284 d.A.) Bezug genommen.
Den hier streitgegenständlichen Film „Der Zauberberg”, welcher als deutsch-französische-italienische Koproduktion in den Jahren 1980/1981 hergestellt wurde, vertreibt die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland auf DVD und Videokassette.
Am 11.8.1980 schloss der Kläger (Filmschaffender) mit der Firma F.S. Filmproduktion (Filmhersteller) in M. einen „Anstellungvertrag für Filmschaffende” (Anlage B 1), wonach der Kläger als Architekt für den streitgegenständlichen Film ab 4.8.1980 bis zur Beendigung der vereinbarten Tätigkeit gegen Zahlung von 2.000 DM pro Woche zur Verfügung stehen sollte. Neben weiteren Regelungen, u.a. die Vorlage einer Lohnsteuerkarte (Ziff. 5) und die Urlaubsansprüche (Ziff. 11) betreffend, enthält der Vertrag in Ziff. 13 die Verpflichtung des Filmschaffenden, sich im Falle einer Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft die Filmherstellungs- und Filmverwertungsrechte von der Verwertungsgesellschaft rückübertragen zu lassen und diese Rechte an den Filmhersteller weiterzuübertragen. Ferner sollte gem. Ziff. 16 ergänzend zu diesem Vertrag der Tarifvertrag für „Film- und Fernsehschaffende vom 1.4.1979” gelten, wobei Letzteres maschinenschriftlich in den Vertragstext eingefügt wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten insoweit wird auf den als Anlage B 1 vorgelegten Vertrag und auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Der zwischen verschiedenen Produzentenverbänden und der Rundfunk-Fernseh-Film-Union im Deutschen Gewerkschaftsbund am 30.3.1979, gültig ab 1.4.1979, abgeschlossene Tarifvertrag für Film- und Fernsehschaffende (vorgelegt als Anlage B 2) wurde nicht für allgemeinverbindlich erklärt. Sein Geltungsbereich bezieht sich in räumlicher Hinsicht auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, in sachlicher Hinsicht auf die nichtöffentlich-rechtlich organisierten Betriebe zur Herstellung von Filmen und in persönlicher Hinsicht auf alle Film- und Fernsehschaffenden, u.a. Architekten und Szenenbildner (Ziff. 1 des Tarifvertrags). Gemäß Ziff. 3.1 des Tarifvertrags räumt der Filmschaffende mit Abschluss des Vertrages alle ihm etwa durch das vertragliche Beschäftigungsverhältnis erwachsenden Nutzungs- und Verwertungsrechte an Urheber- und verwandten Schutzrechten dem Filmhersteller für die Herstellung und Verwertung des Films ausschließlich und ohne inhaltliche, zeitliche oder räumliche Beschränkung ein. Von der Einräumung umfasst sein sollte u.a. der Film als Ganzes, seine einzelnen Teile (mit und ohne Ton), auch wenn sie nicht miteinander verbunden sind, die zum Film gehörigen Fotos sowie die für den Film benutzten und abgenommenen Zeichnungen, Entwürfe, Skizzen, Bauten und dgl. sowie ferner die Nutzung und Verwertung des Films durch den Filmhersteller in unveränderter oder geänderter Gestalt, gleichviel mit welchen technischen Mitteln sie erfolgt, einschl. Wieder- oder Neuverfilmungen, der Verwertung durch Rundfunk oder Fer...