Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Entscheidungsbefugnis des OLG in Beschwerdeverfahren gegen einen ausgesetzten Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Wird die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich nach § 2 VAÜG fehlerhaft abgetrennt ist hiergegen die einfache Beschwerde zulässig.
Eine Rückverweisung ist nicht erforderlich, da das OLG befugt ist, eine Sachentscheidung zum Versorgungsausgleich zu treffen, wenn alle Auskünfte vorliegen.
Normenkette
FGG § 19; VAÜG § 2
Verfahrensgang
AG Quedlinburg (Urteil vom 02.07.2009; Aktenzeichen 4 F 456/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland wird das Urteil des AG - Familiengerichts - Quedlinburg vom 2.7.2009 - 4 F 456/08 S, hinsichtlich Ziff. 2 der Entscheidungsformel abgeändert und der Versorgungsausgleich wie folgt geregelt:
a) Von dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, Vers.-Nr.:..., werden, bezogen auf den 31.10.2008 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. 34,24 EUR monatlich, die in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen sind, auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland, Vers.-Nr.:..., übertragen.
b) Wegen des Ausgleichs der sonstigen Anrechte werden die Parteien auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.
1. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Durch Urteil des AG Quedlinburg vom 2.7. dieses Jahres (Bl. 17-22 d.A.) ist die Ehe der Parteien geschieden und zugleich der Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzt worden, da die Voraussetzungen für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 VAÜG nicht gegeben seien.
Gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleichs richtet sich die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 22.7.2009 (Bl. 72 - 74 UA-VA), die beanstandet, die Voraussetzungen für die Durchführung des Versorgungsausgleichs gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b VAÜG seien gegeben, da auch die Antragstellerin in der Ehezeit eine angleichungsdynamische Rentenanwartschaft erworben habe, welche indes in der angefochtenen Entscheidung fälschlich den dynamischen Anrechten zugeschlagen worden sei.
II. Die gemäß den §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1, 64 Abs. 3 Satz 1 und 2 FGG i.V.m. § 621a Abs. 1 Satz 1 und § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO a.F. zulässige Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland hat auch in der Sache Erfolg.
Der Versorgungsausgleich ist nicht, wie erstinstanzlich in dem Scheidungsverbundurteil vom 2.7.2009 entschieden, auszusetzen, sondern durchzuführen, wenn die tatsächlich angleichungsdynamische, vom AG indes unzutreffenderweise als nichtangleichungsdynamisch behandelte Anwartschaft der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung in die rechtliche Beurteilung einbezogen wird.
Die zum 1.9. dieses Jahres außer Kraft getretenen Vorschriften des FGG und der ZPO a.F. zum Verfahren in Familiensachen finden nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586, zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 30.7.2009, BGBl. I, 2449, 2470 - 2472) auf das hier bereits zuvor anhängig gewordene Verfahren über den Versorgungsausgleich weiterhin Anwendung. Das Gleiche gilt gem. § 48 Abs. 1 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG = Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs [abgekürzt: VAStrRefG] vom 3.4.2009, BGBl. I, 700 - 723), das gem. Art. 23 Satz 1 VAStrRefG am 1.9.2009 in Kraft getreten ist, sowohl für das Verfahrensrecht als auch für das bis dahin geltende materielle Recht zum Versorgungsausgleich, das heißt insbesondere für die §§ 1587 ff. BGB a.F., das Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetz (im Folgenden abgekürzt: VAÜG) und das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (im Folgenden abgekürzt: VAHRG).
Die Durchführung des Versorgungsausgleichs unterliegt zwar im vorliegenden Falle gem. § 1 Abs. 1 VAÜG den besonderen Vorschriften des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes, da die Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB a.F. am 31.10.2008 (Bl. 10 d.A.) vor der Einkommensangleichung i.S.d. § 1 Abs. 4 VAÜG geendet hat und - entgegen der Annahme des AG - beide Ehegatten nach den Auskünften der Beschwerdeführerin (Bl. 41 Rs., 50 Rs. UA-VA) während der Ehezeit angleichungsdynamische Anrechte gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG erworben haben. Der Versorgungsausgleich konnte mithin gleichwohl gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b VAÜG durchgeführt werden, weil die Antragstellerin, wie insoweit vonnöten, sowohl die werthöheren angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften als auch, wie vom AG zutreffend erkannt und im Einzelnen korrekt in dem Scheidungsverbundurteil berechnet, die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften in der Ehezeit erworben hat.
Die angleichungsdynamischen Anrechte der Antragstellerin i.H.v. 232,98 EUR (Bl. 50 Rs...