Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO besteht kein Vordruckzwang (Bestätigung von OLG Naumburg in FamRZ 2000, 761 und 1224).
2. Legt die Partei alle für eine Entscheidung erforderlichen oder zweckmäßigen Auskünfte und Unterlagen vor bevor das AG entschieden hat, und wird dies auch bei der Nichtabhilfeentscheidung als verspätet nicht berücksichtigt, entbehrt die Nichtberücksichtigung jeder Rechtsgrundlage.
Verfahrensgang
AG Haldensleben (Beschluss vom 21.01.2002; Aktenzeichen 8 F 198/98) |
Tenor
Der Beschluss des AG Haldensleben vom 21.1.2002 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 8.3.2002 – 8 F 198/98 wird aufgehoben und zur erneuten Ermittlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Für das Beschwerdeverfahren werden Gebühren nicht erhoben.
Gründe
Im Rahmen einer Überprüfung der ratenfrei gewährten Prozesskostenhilfe hat das AG am 2.10.2001 den Beklagten, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, zur Auskunft aufgefordert. Frau K. reichte eine Vielzahl von Unterlagen – ohne Angabe des Aktenzeichens – ein; der Eingang wurde mit Datum vom 27.12.2001 beim AG bestätigt. Mit Schreiben vom 27.12.2001 wurden die Unterlagen zurückgesandt und später mit Schriftsatz vom 6.3.2002 erneut eingereicht.
Gegen den Beschluss vom 21.1.2002 hat der Beklagte – durch seine Mutter – form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. In dem Nichtabhilfebeschluss vom 8.3.2002 wird diese damit begründet, dass die Einreichung der Unterlagen erst mit Schriftsatz vom 6.3.2002 erfolgt sei und daher nicht mehr zu berücksichtigen seien.
Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben und zur erneuten Ermittlung und Entscheidung an das AG zurück zu verweisen, denn das erstinstanzlichen Verfahren leidet an einer Vielzahl schwerer Verfahrensfehler.
Schon die Aufforderung an den Beklagten ist fehlerhaft, denn nur für den Erstantrag für Prozesskostenhilfe ist der entsprechende Vordruck vorgeschrieben (vgl. OLG Naumburg v. 8.6.1999 – 3 WF 76/99, OLGReport BDJNR 2000, 82 = FamRZ 2000, 761; dass. OLG Naumburg v. 6.8.1999 – 3 WF 90/99, OLGReport BDJNR 2000, 413= FamRZ 2000, 1224).
Der Nichtabhilfebeschluss vom 8.3.2002 verstößt gegen die Grundsätze des Beschwerde- und Abhilferechts und gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens. Wenn eine Partei verspätet, aber noch mit dem zulässigen und fristgerechten Rechtsbehelf die erforderlichen Unterlagen oder Auskünfte einreicht, dann ist es Pflicht des jeweils zuständigen Rechtspflegers, diese Unterlagen zu bewerten und die angefochtene Entscheidung auf dieser Grundlage zu überprüfen. Die Nichtbeachtung bzw. Zurückweisung als angeblich verspätet ist ein Verstoß gegen allgemeine Grundsätze des Verfahrensrechtes und stellt einen greifbaren Gesetzesverstoß, es entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage und stellt einen Akt der Willkür dar.
Es war daher ausdrücklich festzustellen, dass für das Rechtsbehelfsverfahren keine Gerichtsgebühren anfallen.
Naumburg, den 2.4.2002
8. Zivilsenat – 2. Senat für Familiensachen –
gez. Bisping, RiOLG als Einzelrichter nach § 568 ZPO
Fundstellen
Haufe-Index 1108790 |
EzFamR aktuell 2002, 334 |