Leitsatz (amtlich)
1. Ein wirtschaftliches Unternehmen, das eine Stadt und eine Gemeinde als Gesellschafter in der Rechtsform einer GmbH betreiben (hier ein Zoologischer Garten), genießt beim Notar keine Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO.
2. Die früher in § 116 Abs. 3 GO LSA (GVBl. 1993, 568) als nichtwirtschaftliche Unternehmungen definierten Einrichtungen von Gemeinden genießen nach Art. 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 3.4.2001 (GVBl. S. 136) und der Neufassung des § 116 Abs. 2 und 3 GO LSA und nach der abermaligen Neufassung des § 116 GO LSA durch das 3. Änderungsgesetz vom 7.11.2007 (GVBl. S. 352) nicht mehr die Gebührenermäßigung, weil sie jetzt als wirtschaftliche Unternehmen i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO einzuordnen sind.
3. Für die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO kommt es nicht darauf an, ob das Unternehmen vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist.
(Keine Gebührenermäßigung für Abwasserzweckverband, vgl. OLG Naumburg Beschl. v. 16.2.2007 - 6 Wx 7/06 - m. Anm. Wudy NotBZ 2007, 221-223 zitiert nach juris)
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 17.11.2008; Aktenzeichen 3 T 200/07 (175)) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27.11.2008 wird der Beschluss des LG Magdeburg vom 17.11.2008 - 3 T 200/07 (175) - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.3.2007 gegen die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) Nr. 1931/2006-2 vom 18.12.2006 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidungen des LG und des Senats ergehen gerichtsgebührenfrei. Die gerichtlichen Auslagen des Verfahrens vor dem OLG trägt die Beteiligte zu 2). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird für beide Instanzen auf 17.783,15 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 156 Abs. 2 S. 2 und S. 3 KostO).
Hinsichtlich der Frage, ob die Beteiligte zu 2) überhaupt Kostenschuldnerin ist, ergeben sich insoweit keine Probleme. Hinsichtlich der weiteren Frage, ob hier die Gebührenermäßigung nach § 144 KostO eingreift, scheitert die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht etwa daran, dass die landgerichtliche Entscheidung hierauf nicht gem. § 156 Abs. 2 S. 3 KostO beruht (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., KostO, § 156 Rz. 63; Rohs/Wedewer, KostO, § 156 Rz. 65; Zöller/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 546 Rz. 7). Die Ausführungen des LG zum Eingreifen des § 144 KostO stellen nämlich kein bloßes obiter dictum im Sinne von Empfehlungen für das weitere Verfahren, sondern bindende Richtlinien für den Notar dar (vgl. Rohs/Wedewer, a.a.O., Rz. 48). Bei dieser Sachlage bejaht der Senat ein Beruhen der Entscheidung (auch) auf den Ausführungen des LG zur Gebührenermäßigung. Allein diese Sichtweise erscheint auch praktikabel, denn ansonsten müsste der Senat trotz Entscheidungsreife die landgerichtliche Entscheidung aufheben und die Sache mit entsprechenden bindenden Anweisungen dorthin zurücksenden, was einen überflüssigen Umweg darstellen würde.
2. Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
a) Der Beteiligte zu 1) beschwert sich zu Recht darüber, dass das LG die Beteiligte zu 2) nicht als Kostenschuldnerin angesehen hat.
Wird gegen die Kostenberechnung des Notars Beschwerde eingelegt (§ 156 Abs. 1 S. 1 KostO), so bestimmt allein der Beschwerdeführer durch seine Beanstandungen den Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 599 [600]; Korintenberg, Lappe, Bengel, Reimann, KostO, 17. Aufl., § 156 Rz. 58; Rohs/Wedewer, KostO, § 156 Rz. 38; jeweils m.w.N.). Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.3.2007 (Bl. 1 d.A.) zielte aber ausschließlich auf die Erlangung einer Kostenermäßigung nach § 144 KostO ab, so dass die Frage, ob die Beteiligte zu 2) überhaupt Kostenschuldnerin ist, nicht mehr zu überprüfen, sondern als feststehend zugrunde zu legen ist.
b) Die weitere Beschwerde ist auch insoweit begründet, als sich der Beteiligte zu 1) gegen die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 KostO wendet, denn die Beteiligte zu 2) ist ein wirtschaftliches Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift.
Der Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens i.S.d. § 144 Abs. 1 Nr. 2 KostO wird allgemein in Anlehnung an die entsprechende Begriffsbildung des Kommunalrechts ausgelegt (vgl. BayObLG, Beschl. v. 23.1.1996 - 3Z BR 290/95, Rz. 11; OLG Hamm, Beschl. v. 21.9.1998 - 15 W 245/98, Rz. 12; OLG Dresden, Beschl. v. 1.7.1998 - 15 W 1695/97, Rz. 19; jeweils zitiert nach juris). Gemäß § 116 Abs. 3 S. 1 GO LSA a.F. waren Unternehmen und Einrichtungen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der Kultur, des Sports, der Erholung, der Gesundheits-, Kranken- und Wohlfahrtspflege sowie solche ähnlicher Art und Hilfsbetriebe, die ausschließlich zur Deckung des Eigenbedarfs der Gemeinde dienen, nicht als wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Kommunalrechts anzusehen. Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sic...