Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 27.02.2008; Aktenzeichen 22 Reh (B) 8966/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Halle - Kammer für Rehabilitierungssachen - vom 27. Februar 2008 aufgehoben.
Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. November 2007 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtskosten. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 09. September 1997 hatte das Landgericht Halle - 1. Kammer für Rehabilitierungssachen - das gegen den Betroffenen ergangene Urteil des Kreisgerichts Eisleben vom 07. Januar 1993 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben sowie die Dauer des zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs für die Zeit vom 17. November 1962 bis zum 14. Mai 1963 festgestellt.
Den Antrag des Betroffenen auf Gewährung einer besonderen monatlichen Zuwendung (Opferpension) gemäß § 17 a StrRehaG hat die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 16. November 2007 abgelehnt.
Auf den dagegen gerichteten Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hat das Landgericht Halle - Kammer für Rehabilitierungssachen - mit Beschluss vom 27. Februar 2008
(1.) den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 16. November 2007 aufgehoben,
(2.) festgestellt, dass der Betroffene im Sinne des § 17 a Abs. 1 StrRehaG Berechtigter nach § 17 Abs. 1 StrRehaG ist, der eine mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten hat,
(3.) das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Antrag nach
§ 17 a StrRehaG unter Beachtung der unter Ziffer 2. erfolgten Feststellung an die Beschwerdeführerin zurückverwiesen und
(4.) eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 18. März 2008.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 13 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung des Landgerichts hat die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 16. November 2007 dem Betroffenen zutreffend die Gewährung einer besonderen monatlichen Zuwendung (Opferpension) versagt, weil die vom Betroffenen erlittene und mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung nicht - wie § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG voraussetzt - die Dauer von insgesamt mindestens sechs Monaten erreicht.
Die Meinung des Landgerichts, grundsätzlich anspruchsberechtigt nach § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG seien (bereits) alle Betroffenen, die Anspruch auf eine Kapitalentschädigung für sechs Monate Freiheitsentziehung gemäß § 17 Abs. 1 StrRehaG haben und hierbei jeder angefangene Kalendermonat mitzählt, teilt der Senat nicht.
Zwar wird die Kapitalentschädigung nach § 17 Abs. 1 StrRehaG für eine mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung für jeden angefangenen Kalendermonat bemessen. Demgegenüber ist die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG bereits seinem Wortlaut nach - enger - daran geknüpft, dass ein Betroffener diese "Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten" - also wenigstens sechs volle Monate dieser Freiheitsentziehung tatsächlich verbüßt - hat.
Soweit in § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG als Anspruchsberechtigte "Berechtigte nach § 17 Abs. 1" StrRehaG genannt sind, folgt aus dieser isolierten Formulierung nicht, dass auch im Rahmen des § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG bereits jeder angefangene Kalendermonat der Verbüßung von sechs Monaten der vorgenannten Freiheitsentziehung für die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer ausreicht. Vielmehr ist damit - als erste Voraussetzung der Norm - zunächst lediglich der Kreis der berechtigten Antragsteller beschrieben, die überhaupt als Anspruchsberechtigte einer Opferpension in Betracht kommen. Als weitere Voraussetzungen kommen die besondere Bedürftigkeit und die vorgenannte Mindestverbüßungsdauer hinzu. Hierbei sind in § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG auch nicht etwa Berechtigte genannt, denen eine Kapitalentschädigung nach § 17 Abs. 1 StrRehaG für mindestens sechs Monate Freiheitsentziehung zusteht, sondern es wird auf die Mindestdauer der "erlittenen" Freiheitsentziehung abgestellt.
Diese Auslegung des § 17 a Abs. 1 S. 1 StrRehaG steht auch im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Zur Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR ist unter A. II. 1. ausgeführt, dass die besondere Zuwendung für Haftopfer neben der wirtschaftlichen Bedürftigkeit eine bestimmte Schwere der politischen Verfolgung voraussetzt, wobei an politische Haft unter SED-Diktatur geknüpft werden soll, die "insgesamt mindestens sechs Monate betragen haben muss" (BT-...