Normenkette
KindUG Art. 5; ZPO § 654 ff.
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Aktenzeichen 25 FH 142/99) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG – FamG – Halle-Saalkreis vom 14.4.2000 in der Fassung des Beschlusses des FamG vom 9.1.2001 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FamG zurückverwiesen.
Gründe
I. In einer Urkunde des Jugendamts der Stadt Halle vom 17.1.1992 verpflichtete sich der Antragsgegner, an den am 24.8.1987 geborenen Antragsteller, der im vorliegenden Verfahren von seiner Mutter K.K. vertreten wird, den monatlichen Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 79 % des Regelbedarfs zu leisten. Mit einer Urkunde der Stadt Halle vom 4.3.1994 wurde der Unterhaltstitel dahingehend abgeändert, dass sich der Antragsgegner ab 1.4.1994 verpflichtete, den Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlags von 70 % des Regelbedarfs zu zahlen. Er erkannte an, dass seine nunmehrige Verpflichtung bei hälftigem Kindergeld von zurzeit 35 DM bis zum vollendeten 12. Lebensjahr des Antragstellers 415 DM und für die Zeit danach 495 DM monatlich betrug, und verpflichtete sich zur Zahlung des jeweiligen Betrags.
Am 14.11.1999 beantragte der Antragsteller, vertreten von seiner Mutter, den Unterhalt im vereinfachten Verfahren ab 1.11.1999 auf 179 % der 3. Altersstufe festzusetzen und dabei an seine Mutter gezahltes Kindergeld i.H.v. 250 DM ab 1.11.1999 und i.H.v. 270 DM ab 1.1.2000 zu berücksichtigen. Dabei benutzte der Antragsteller einen Vordruck, der für Anträge nach § 645 ZPO eingeführt ist (§ 659 Abs. 2 ZPO). Der Antrag wurde dem Antragsgegner am 17.3.2000 zugestellt. Unter dem 27.3.2000 erhob der Antragsgegner den formularmäßigen Einwand, zu dem Verfahren keinen Anlass gegeben zu haben. Gleichzeitig verpflichtete er sich zu einer antragsgemäßen Unterhaltszahlung. Weitere Angaben machte der Antragsgegner nicht. Daraufhin setzte die Rechtspflegerin den zu zahlenden Unterhalt durch Beschluss vom 14.4.2000 ab 1.11.1999 auf monatlich 179 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe (§ 2 Regelbetrag-VO) abzüglich ab 1.11.1999 gezahlten Kindergelds von 125 DM sowie ab 1.1.2000 gezahlten Kindergelds von 135 DM monatlich fest. Der Beschluss sollte „an die Stelle” der Urkunde der Stadt Halle vom 4.3.1994 treten. Eine Kostenentscheidung traf die Rechtspflegerin nicht. Der Beschluss wurde auf einem Vordruck gefasst, der für Beschlüsse nach §§ 649, 650 ZPO eingeführt ist (§ 659 Abs. 1 ZPO), und dem Antragsgegner am 3.8.2000 zugestellt.
Mit Verfügung vom 2.5.2000 setzte die Rechtspflegerin den Antragsteller von den Einwendungen des Antragsgegners in Kenntnis und notierte eine Frist zur Stellungnahme von 3 Wochen. Unter dem 24.5.2000 teilte die Mutter des Antragstellers mit: „Mein Bestreben ist es, einen Unterhalts-Titel nach den aktuellen Unterhaltsrichtlinien zu erhalten. Ich beantrage keine Unterhaltsfestsetzung nach dem vereinfachte Verfahren.”
Am 14.8.2000 legte der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 14.4.2000 „Beschwerde/Erinnerung” ein und berief sich darauf, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass er gegenwärtig drei Kindern unterhaltsverpflichtet sei und von seinem Einkommen Zahlungen für die Krankenversicherung aufbringen müsse. Außerdem lasse der angefochtene Beschluss nicht erkennen, ab wann, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe Unterhalt zu zahlen sei.
Da dem Antragsgegner nur eine unvollständige Ausfertigung des Beschlusses vom 14.4.2000 zugestellt worden war, erließ die Rechtspflegerin am 11.10.2000 einen Berichtigungsbeschluss (§ 319 ZPO). Auch gegen diesen, ihm am 11.11.2000 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner – am 23.11.2000 – „Beschwerde” ein. Mit Beschluss vom 9.1.2001 hob die Rechtspflegerin den Beschluss vom 11.10.2000 wieder auf und berichtigte den Beschluss vom 14.4.2000 zugleich dahingehend, dass ab 1.11.1999 „Regelunterhalt zuzüglich 70 %, mithin insgesamt 170 % des Regelbedarfs” abzüglich der kindbezogenen Leistungen zu zahlen sei (§ 319 ZPO).
II. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde statthaft (§ 652 ZPO) und als solche zulässig (§§ 569, 577 ZPO). Das Rechtsmittel ist auch begründet.
1. Auch wenn bei der Antragstellung vom 14.11.1999 ein Vordruck benutzt worden ist, der für Anträge auf Erstfestsetzung von Unterhalt nach § 645 ZPO eingeführt ist, hat der Antragsteller mit seiner Erklärung vom 24.5.2000 doch klargestellt, dass er einen Antrag auf Umstellung eines Alttitels nach Art. 5 § 3 KindUG vom 6.4.1998 (BGBl. Teil I, S. 666 ff.) gestellt hat.
Bei der Urkunde des Jugendamts der Stadt Halle vom 4.3.1994 handelt es sich um einen Alttitel i.S.v. Art. 5 § 3 KindUG (§ 60 SGB VIII, § 794 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO).
Soweit die Rechtspflegerin daran Zweifel hatte, dass ein Antrag auf Umstellung dieses Alttitels gestellt war, hatte sie auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 ZPO). Sie durfte nicht auf einem Vordruck entscheiden, der für Entscheidungen über Anträge auf Erstfestsetzung von Unterhalt (§§ 649,...