Leitsatz (amtlich)
1. Wenn in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist, dass der Vorteil für das herrschende Grundstück einer Grunddienstbarkeit nachträglich weggefallen ist, kann diese im Grundbuch gemäß § 22 GBO zu löschen sein.
2. Allein der Umstand der Erreichbarkeit des Grundstücks über einen öffentlichen Weg lässt den Vorteil nicht entfallen.
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Naumburg - Grundbuchamt - vom 13. Juni 2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte zu 1. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert beträgt 5.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1. ist aufgrund notariellen Erbbauvertrages vom 28. Oktober 1997 des Notars H. mit Amtssitz in B., UR.Nr. 1929/97, Wohnungserbbauberechtigte des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes, eingetragen im Wohnungs-Erbau-Grundbuch von B., Blatt 9600. Grundstückseigentümerin ist die Evangelische Kirchengemeinde N. (Pfarrvermögen). Der 110/244-Anteil der Beteiligten am Erbbaurecht ist verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 2 sowie der Garage Nr. 3. Das Grundstück ist belegen in der Gemarkung B., Flur 32, Flurstück 100, L. Straße 65. In Abteilung III, lfd. Nr. 4 ist zu Lasten des Wohnungserbbaurechts der Beteiligten zu 1. eine Grunddienstbarkeit (Wegerecht) für den jeweiligen Eigentümer des Erbbaurechts des Nachbargrundstücks, L. Straße 63, eingetragen im Grundbuch von B., Blatt 9017, eingetragen. Erbbauberechtigte ist die Beteiligte zu 2., Eigentümerin dieses Grundstücks ist ebenfalls die Evangelische Kirchengemeinde N. (Pfarrvermögen).
In der notariellen Bestellungsurkunde vom 28. Oktober 1997 heißt es in § 19.6 hinsichtlich der Bestellung des Wegerechts:
"Die Vertragsbeteiligten räumen Frau K. M. geb. F. und Herrn W. F., als Erbbauberechtigte des Nachbargrundstückes ... ein Wegerecht zum Begehen und Befahren von der Straße über den Grundbesitz L. Straße 63 ein."
Im Zuge der Neuvermessung des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstückes der Beteiligten zu 1. am 24. April 2008 entstand das heutige im verfahrensgegenständlichen Grundbuch eingetragene Flurstück 100 sowie das zunächst im Eigentum der Stadt B. stehende Flurstück 123. Mit notarieller Urkunde des Notars H. vom 17. Mai 1999, UR.Nr. 820/99, gaben die Grundstückseigentümerin und die Beteiligte zu 1. nach erfolgter Vermessung der Grundstücke eine Identitätserklärung ab und bewilligten und beantragten die Eintragung des Wegerechts zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Erbbaurechts am Nachbargrundstück L. Straße 63.
Die Beteiligte zu 1. ist außerdem seit dem 25. September 2017 Eigentümerin des Flurstückes 123, Gemarkung B., Flur 32, Flurstück 123, L. Straße 65 in B., eingetragen im Grundbuch von B., Blatt 11537.
Am 25. Mai 2021 beantragte die Beteiligte zu 1. die Löschung des Wegerechts, im Wesentlichen mit der Begründung, das Wegerecht sei für die Nutzung des Grundstücks der Beteiligten zu 2. nicht erforderlich, da diese über ihr eigenes Grundstück einen Zugang zum öffentlichen Weg hätte. Das Wegerecht sei ursprünglich für die Nutzung eines Weges auf dem mittlerweile neu vermessenen Flurstück 123 bestellt gewesen. Bei Bestellung des Wegerechts seien die Vertragsparteien damals fehlerhaft davon ausgegangen, dass Eigentümerin des als Weg genutzten Grundstücksteils ebenfalls die Evangelische Kirchengemeinde sei. Tatsächlich habe es sich bei diesem Grundstücksteil (jetzt Flurstück 123) um ein städtisches Grundstück gehandelt. Mit der Herausvermessung dieses Grundstücks aus dem ursprünglichen Flurstück 100 sei das Wegerecht untergegangen, weil es auf ihrem Erbbaugrundstück tatsächlich nicht ausgeübt werde und aufgrund der baulichen Gegebenheiten auch nicht ausgeübt werden könne. Der Ausübungsbereich sei vielmehr auf dem heutigen Flurstück 123 belegen gewesen.
Die Beteiligte zu 2. hat einer Löschung am 3. Juli 2021 nicht zugestimmt.
Mit Verfügung vom 26. Mai 2021 teilte das Grundbuchamt der Beteiligten mit, dass die Voraussetzungen einer Löschung der Grunddienstbarkeit nicht vorlägen. Mit Beschluss vom 13. Juni 2024 wies das Grundbuchamt schließlich den Löschungsantrag der Beteiligten zu 1. zurück, weil eine Löschungsbewilligung der Berechtigten nicht vorgelegt wurde und auch sonst eine Löschung aus grundbuchrechtlicher Sicht nicht möglich sei.
Hiergegen legte die Beteiligte zu 1. mit am 24. Juni 2024 beim Grundbuchamt eingegangenem Schreiben Beschwerde ein. Sie macht geltend, das Wegerecht sei an einem Grundstücksteil erfolgt, über den die Grundstückseigentümerin nicht hätte verfügen dürfen, weil dieser sich tatsächlich im Eigentum der Stadt B. befunden habe; nunmehr sei sie Eigentümerin des - unbelasteten - Flurstückes 123. Seit dem 1. Oktober 2021 werde das Wegerecht auch nicht mehr ausgeübt.
Das Grundbuchamt hat mit weiterem Beschluss vom 11. Juli 2024 der Beschwerde nicht abgeholfen, weil eine Löschungsbewilligung der Berechtigten nicht vorgelegt worden sei und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Die Besc...