Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung im Kaufrecht ist die Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB. Der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Kauf kann, anders als im Werkvertragsrecht, nicht generell mit dem Belegenheitsort der beweglichen Sache gleichgesetzt werden. Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Fahrzeugkauf ist somit der Betriebsort des Verkäufers.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 22.11.2011; Aktenzeichen 10 O 1131/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.11.2011 verkündete Urteil des LG Magdeburg wird zurückgewiesen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren wird auf 5.047,65 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt wegen von ihm behaupteter Mängel die Rückabwicklung eines Vertrages über den Kauf eines Pkw, den er von dem Beklagten erworben hatte.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 22.11.2011 abgewiesen. Der Einzelrichter hat die Wirksamkeit des Rücktritts mit der Begründung verneint, der Kläger habe dem Beklagten nicht die Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt, weil er das Fahrzeug nicht in dessen Werkstatt gebracht habe. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die frist- und formgerecht eingelegt und begründet wurde. Er ist der Ansicht, es sei die vertragliche Pflicht des Beklagten gewesen, das Fahrzeug vor Ort zu untersuchen oder selbst abzuholen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 17.4.2012 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Verfügung Bezug genommen. Der Senat hat den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hiervon hat der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10.5.2012 fristgerecht Gebrauch gemacht.
II. Der Senat hat unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme die Sache erneut beraten und ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.
Die Ausführungen des Klägers in seiner Stellungnahme vertiefen zwar die bisher bereits vertretenen Argumente, sind i.E. jedoch gleichwohl nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen.
1. Wie der Senat bereits in seinem Hinweis vom 17.4.2012 ausgeführt hat, ist die Rechtslage eindeutig.
Entgegen den älteren Entscheidungen einiger OLG (vgl. OLG München NJW 2006, 449; NJW 2007, 3214 f.; OLG Celle, MDR 2010, 372; OLG Koblenz, DAR 2011, 84 f.) hat der BGH am 13.4.2011 (VIII ZR 220/10, NJW 2011, 2278 ff.) entschieden, dass für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB gilt. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 Abs. 2 BGB) hatte.
Insbesondere kann der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Kauf - anders als der BGH dies zuvor für das Werkvertragsrecht entschieden hatte (BGH, Urt. v. 8.1.2008 - X ZR 97/05, NJW-RR 2008, 724 f. Rz. 13) - nicht generell mit dem Belegenheitsort der beweglichen Sache gleichgesetzt werden. Beim Fahrzeugkauf vom Händler erfordern Nachbesserungsarbeiten in der Regel technisch aufwendige Diagnose- oder Reparaturarbeiten des Verkäufers, die wegen der dort vorhandenen materiellen und personellen Möglichkeiten sinnvoll nur am Betriebsort des Händlers vorgenommen werden können (vgl. OLG München NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3606, 3610; ZfS 2003, 57, 60; Skamel, DAR 2004, 565, 568; ZGS 2006, 227, 228).
Der Senat folgt nicht der zuletzt vertretenen Auffassung des Klägers, zur Klärung der Frage, ob der BGH an seiner Rechtsprechung angesichts neuerer Entscheidungen des EuGH festhalten würde, müsse die Revision zugelassen werden. Denn die von dem Kläger zitierten Fälle des EuGH enthalten keine abweichende Regelung des Erfüllungsortes beim Fahrzeugkauf. Insbesondere in dem zitierten "Bodenfliesenfall" (Urt. v. 16.6.2011 - Rs. C-65/09, NJW 2011, 2269-2274) vermag der Senat keinerlei Widerspruch zu der oben zitierten Rechtsprechung zu erkennen. Zum einen ging es um fest verlegte Fliesen, nicht um Fahrzeuge, zum anderen ging es gerade nicht um die Reparatur eines defekten Kaufgegenstands, sondern um Ersatzlieferung für das mangelhafte Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe. Schließlich liegt in...