Normenkette
GenG §§ 28, 40, 157
Tenor
Die Beschwerde der betroffenen Genossenschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 15. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Genossenschaft trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
A. Der Vorstand der betroffenen Genossenschaft besteht nach § 21 Abs. 1 der Satzung aus wenigstens zwei Personen. Seine Mitglieder werden vom Aufsichtsrat bestellt. Ihre Bestellung kann nur durch die Vertreterversammlung vorzeitig widerrufen werden (§ 21 Abs. 2 der Satzung). Die Vertretung der Genossenschaft erfolgt durch wenigstens zwei Vorstandsmitglieder. Im Genossenschaftsregister sind die Beteiligten als Vorstandsmitglieder verzeichnet.
Am 2. Juli 2020 beschloss der Aufsichtsrat, dass der Beteiligte zu 2. als Vorstand "beurlaubt" werde. Daraufhin meldete der Beteiligte zu 1. mit einer durch die Verfahrensbevollmächtigte der Genossenschaft öffentlich beglaubigten Erklärung vom 27. Juli 2020 zur Eintragung in das Genossenschaftsregister an, dass der Beteiligte zu 2. vorläufig seines Amtes als Vorstand enthoben worden sei.
Nach einem entsprechenden Hinweis hat das Registergericht die Anmeldung am 15. September 2020 zurückgewiesen, weil sie nicht durch Vorstandsmitglieder in zur Vertretung berechtigender Anzahl bewirkt worden sei.
Gegen diese, ihr am 17. September 2020 zugestellte Entscheidung hat die Genossenschaft am 30. September 2020 Beschwerde eingelegt. Sie hält die Anmeldung für wirksam, weil die Zahl ihrer Vorstandsmitglieder auf Grund des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie unter zwei habe sinken dürfen und ihre Vertretung nunmehr durch ihr einziges verbliebenes Vorstandsmitglied, nämlich den Beteiligten 1. allein wahrgenommen werde.
Das Registergericht hat es am 2. Oktober 2020 abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
B. Die Beschwerde der Genossenschaft gegen den Beschluss des Registergerichts vom 15. September 2020 ist zulässig (§§ 10 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 2, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 374 Nr. 2, 378 Abs. 2, 382 Abs. 3 FamFG), aber unbegründet. Die Anmeldung der vorläufigen Amtsenthebung des Beteiligten zu 2. ist wegen fehlender Vertretungsmacht des Beteiligten zu 1. unwirksam.
Wie das Registergericht zutreffend angenommen hat, sind Änderungen des Vorstandes, zu denen auch deren vorläufige Amtsenthebung gemäß § 40 GenG zählt, durch Vorstandsmitglieder in zur Vertretung berechtigender Anzahl zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 28, 157 GenG). Deshalb bedarf es nach § 22 Abs. 2 der Satzung der betroffenen Genossenschaft bei einer Registeranmeldung der Mitwirkung wenigstens zweier Vorstandsmitglieder. Daran ändert die Vorschrift des § 3 Abs. 5 S. 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nichts. Diese Regelung erlaubt es, die Anzahl der Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft unter die durch Gesetz oder Satzung bestimmte Mindestzahl und damit grundsätzlich auch bis auf ein Mitglied absinken zu lassen. Davon unberührt bleiben indes die Satzungsbestimmungen über die Vertretung der Genossenschaft. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift ist zu entnehmen, dass neben den Regelungen über die Anzahl der Vorstandsmitglieder auch die Bestimmungen über ihre Vertretungsmacht außer Kraft gesetzt werden. Zum einen ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen derart gewichtigen Eingriff in die Verfassung der Genossenschaft ausdrücklich angeordnet hätte. Zum anderen erfordert der Zweck der Regelung auch keinen solchen Eingriff. Durch § 3 Abs. 5 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie soll erreicht werden, dass die Genossenschaften unter den Bedingungen der Pandemie nicht jedes durch Ablauf der Amtszeit oder anderweitig ausscheidende Vorstandsmitglied alsbald ersetzen müssen. Gleichwohl muß die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft erhalten bleiben. Daß die Genossenschaft im Falle des Verlustes aller Vorstandsmitglieder ohne Vorstand bleiben darf, sieht die Regelung nicht vor. Daher ist auch während der Pandemie jedenfalls dann ein neuer Vorstand zu bestellen, wenn alle bisherigen Vorstandsmitglieder auf andere Weise als durch Ablauf der Amtszeit ausscheiden. Dass dies nur beim Ausscheiden sämtlicher Vorstandsmitglieder und nicht auch beim Verlust der Handlungsfähigkeit der Genossenschaft durch Wegfall einzelner zu ihrer satzungsgemäßen Vertretung benötigter Vorstandsmitglieder erforderlich sein sollte, ist indes nicht ersichtlich. Die Vorschrift geht damit auch nicht etwa ins Leere, denn sie greift in allen Fällen ein, in denen nach Gesetz oder Satzung mehr Vorstandsmitglieder zu bestellen sind, als ...