Leitsatz (amtlich)
Die Überprüfung, ob und in welcher Höhe eine Pflicht zur Versicherungsleistung besteht, gehört zu den originären Betriebsaufgaben eines Versicherers. Ist zur Zeit der Beauftragung eines Sachverständigen durch den Versicherer von einem Rechtsstreit noch keine Rede, ist eine Prozessbezogenheit nicht anzunehmen; die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren kommt nicht in Betracht.
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Dessau - Rechtspflegerin - vom 11.1.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.248 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagten haben mit am 25.3.2004 bei dem LG Dessau eingegangenen Schriftsatz beantragt, die der Zweitbeklagten entstandenen Kosten i.H.v. 3.248 EUR für die Einholung eines Schadensberichts gegen das klagende Land festzusetzen und dabei auf die Rechnung des I. Ingenieur-Büros vom 23.4.2002 Bezug genommen.
Das LG Dessau - Rechtspflegerin - hat die beantragte Festsetzung mit Beschl. v. 11.1.2005 abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die als Haftpflichtversicherung sachkundige Beklagte zu 2) habe das Gutachten vorprozessual eingeholt. Selbst wenn dieses im Rechtsstreit eine Bedeutung gespielt hätte, seien die Kosten nicht erstattungsfähig. Ungeachtet dessen sei das Gutachten erst- und zweitinstanzlich ohne Belang gewesen.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Beklagten mit der sofortigen Beschwerde und legen dar, die Beklagte zu 2) habe nur durch die gutachterlichen Äußerungen feststellen können, in welcher Form sie sich gegen die vorgerichtlichen und dann gerichtlich geltend gemachten Ansprüche wehren konnte. Andernfalls hätte sie nicht zu dem Klagebegehren substantiiert Stellung nehmen können. Ferner sei auf die Rechtsprechungen der OLG Frankfurt und Hamm zu verweisen, die auch die Kosten für ein vom Versicherer vorprozessual eingeholtes Gutachten als Vorbereitungskosten erstattungsfähig qualifizierten. Ohne das Gutachten hätten sie mit völlig leeren Händen dagestanden und wären nicht in der Lage gewesen, substantiiert zu erwidern.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschl. v. 21.1.2005 nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die nach §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2; 569 Abs. 1 S. 1 u. 2, Abs. 2 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG zulässige und gem. § 568 S. 1 ZPO von der Einzelrichterin zu entscheidende sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Rechtspflegerin hat mit i.E. zutreffenden Gründen die Auslagen der Beklagten für das Privatgutachten nicht festgesetzt.
Das klagende Land hat die den Beklagten erwachsenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren (§§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1, 103 Abs. 1 ZPO). In Rechtsprechung und Literatur besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass die Kosten eines Privatgutachtens, sei es vorprozessual oder prozessbegleitend eingeholt, nur ausnahmsweise erstattungsfähig sind (BGH, Beschl. v. 17.12.2002 - VI ZB 56/02, MDR 2003, 413 = BGHReport 2003, 452 = NJW 2003, 1398; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.5.2001 - 1 W 16/01, OLGReport Düsseldorf 2002, 18; OLG Bamberg, Beschl. v. 26.2.1999 - 4 W 16/99, OLGReport Bamberg 2000, 268, jeweils zit. nach juris und jeweils m.w.N.).
Insofern genügt es nicht, wenn das Gutachten im Rechtsstreit verwendet wird, sondern es muss sich auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Deshalb sind die Aufwendungen, die veranlasst werden, bevor sich der Rechtsstreit einigermaßen konkret abzeichnet, nicht erstattungsfähig (BGH v. 17.12.2002 - VI ZB 56/02, MDR 2003, 413 = BGHReport 2003, 452 = NJW 2003, 1398, m.w.N.).
Umstritten ist, ob für die Annahme der Prozessbezogenheit schon ein sachlicher Zusammenhang zwischen Gutachten und Rechtsstreit ausreichend ist (OLG Frankfurt v. 19.11.1999 - 12 W 281/99, OLGReport Frankfurt 2000, 11 f.; OLG Hamburg v. 31.7.1991 - 8 W 207/91, MDR 1992, 194 f.), oder ob zusätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (OLG Hamburg JurBüro 1988, 761 f.; OLG Hamm OLGReport Hamburg 1994, 142 f.) und ein langer zeitlicher Zwischenraum ein Indiz für den fehlenden sachlichen Zusammenhang darstellt (OLG München JurBüro 1992, 172 f.). Welcher Auffassung zu folgen ist, kann für die Entscheidung im hiesigen Verfahren indes dahinstehen, da weder ein zeitlicher, noch ein sachlicher Zusammenhang anzunehmen ist.
Im vorliegenden Fall war den Beklagten die Klageschrift am 29.10.2002 zugestellt worden. Mit ihrer Klageerwiderung haben sich die Beklagten umfassend zu der geltend gemachten Klageforderung geäußert und sich im Hinblick auf die angemessenen Schadenshöhe auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Ferner habe sie einen Schadensb...