Leitsatz (amtlich)
Bei vollem Erfolg einer nachträglich beschränkten Berufung richtet sich die Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 473 Abs. 1 und Abs 3 StPO.
Verfahrensgang
StA Magdeburg (Aktenzeichen 129 Js 12537/01) |
LG Magdeburg (Aktenzeichen 26 Ns 216/01) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Angeklagten wird die Kosten- und Auslagenentscheidung in dem Urteil der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Magdeburg vom 03. September 2001 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Die Kosten der Berufungen der Angeklagten einschließlich insoweit entstandener notwendiger Auslagen hat die Staatskasse mit Ausnahme derjenigen Kosten und notwendigen Auslagen zu tragen, die bei sofortiger Beschränkung der Berufungen auf den Rechtsfolgenausspruch vermeidbar gewesen wären; diese haben die Angeklagten zu tragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich entstandener notwendiger Auslagen der Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Am 18. Juni 2001 verurteilte das Amtsgericht - Strafrichter - Magdeburg die Angeklagten jeweils wegen versuchten schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Gegen dieses Urteil legten die Angeklagten zunächst in vollem Umfang Berufung ein.
In der Berufungshauptverhandlung am 03. September 2001 beschränkten die Angeklagten ihre Berufung jeweils auf das Strafmaß mit dem Ziel, dass die Freiheitsstrafe sieben Monate beträgt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Mit Urteil vom selben Tage änderte das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil unter Aufrechterhaltung im übrigen im Rechtsfolgenausspruch dahingehend ab, dass die Freiheitsstrafe jeweils sieben Monate beträgt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts lautet wie folgt: "Die Kosten der jeweiligen Berufung einschließlich der insoweit entstandenen jeweiligen notwendigen Auslagen haben die Landeskasse und die Angeklagten jeweils zur Hälfte zu tragen. "
Gegen diese Kostenentscheidung des im übrigen rechtskräftigen Urteils wenden sich die Angeklagten jeweils mit sofortiger Beschwerde. Die gemäß §§ 464 Abs. 3 S. 1 1. Hs. , 311 StPO zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache Erfolg.
Über die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen der Angeklagten war hier nicht - wie vom Landgericht angenommen - nach § 473 Abs. 4 StPO, sondern nach § 473 Abs. 1 und Abs. 3 StPO zu entscheiden.
Die Angeklagten hatten jeweils mit ihrem in der Berufungshauptverhandlung und damit nachträglich beschränkten Rechtsmittel vollen Erfolg. Die kostenrechtliche Behandlung eines solchen Falles ist streitig. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass sich die Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen ausschließlich nach § 473 Abs. 4 StPO richtet, unabhängig davon, ob das Rechtsmittel ganz oder teilweise erfolgreich ist (OLG Stuttgart, RPfleger 1970, 439; BayObLG JR 1976, 380; OLG München DAR 1977, 78; JurBüro 1985, 906; OLG Koblenz VRS 59, 354; OLG Bamberg, MDR 1984, 605; w. Nachw. bei Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl. , § 473 Rdn. 40). Nach herrschender Meinung ist dagegen bei vollem Erfolg des nachträglich beschränkten Rechtsmittels § 473 Abs. 3 StPO mit der Einschränkung anwendbar, dass § 473 Abs. 1 StPO auf die in der nachträglichen Beschränkung liegende Teilrücknahme sinngemäß anzuwenden ist (KG NJW 1980, 2129, KG v. 30. 05. 2000 -3 Ws 198/00 -, zitiert bei Juris; OLG Celle MDR 1971, 322; NJW 1975, 400; AnwBl. 1980, 36; OLG Nürnberg AnwBl. 1971, 181; OLG Karlsruhe, Justiz 1972, 395; 1976, 213; OLG Frankfurt NJW 1974, 1670; 1979, 1515; OLG Koblenz JR 1974, 77; OLG Stuttgart MDR 1976, 73; OLG Zweibrücken JurBüro 1978, 1690; 1994, 291; OLG Köln StV 1993, 649; OLG Bremen StV 1994, 495; OLG München NStZ-RR 1997, 192; OLG Hamm MDR 1982, 778; StV 1998, 88; NStZ-RR 1998, 221; NStZ-RR 1999, 95; w. Nachw. bei Löwe/Rosenberg a. a. O. , Rdn. 41). Zur Begründung hat das Oberlandesgericht München in seinem Beschluss vom 04. Dezember 1996 (NStZ-RR 1997, 192) Folgendes ausgeführt:
"Die Anwendung des § 473 Abs. 1 S. 1, 3 StPO führt zu angemessenen, weil den allgemeinen Grundsätzen des Kostenrechts entsprechenden Ergebnissen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, denjenigen, der sein Rechtsmittel nur teilweise zurücknimmt, anders zu behandeln als den, der es ganz zurücknimmt. Jeder trägt danach die durch das zurückgenommene Rechtsmittel verursachten Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen. Wer mit dem nachträglich beschränkten Rechtsmittel vollen Erfolg erzielt, wird insoweit ebenso behandelt wie der, dessen unbeschränktes Rechtsmittel erfolgreich ist. Nach alledem führt die herrschende Meinung dazu, dass im wesentlichen gleiche Sachverhalte nach den selben kostenrechtlichen Regeln gelöst werden. Darüber hinaus können die vom Rechtsmittelführer und von der Staatskasse zu tragenden Kosten und Auslagen im dafür vorgesehenen Kostenansatzverfahren nach § 4 GKG und Kostenfestsetzungsverfahren nach § 464 d StPO berechnet werden. Auch dies verdient den Vorzug vor einer...