Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung des Haftbefehls wegen Verfahrensverzögerung
Leitsatz (redaktionell)
Auch bei dem Vorwurf des versuchten Mordes ist der Haftbefehl wegen dem Angeklagten nicht zuzurechnender Verfahrensverzögerung aufzuheben, wenn sich die Zustellung des Urteils nach der Verkündung um mehr als sechs Monate verzögert hat. Das gilt auch dann, wenn dies darauf beruht, dass mehrere Mitglieder des Gerichts aus dem Justizdienst ausgeschieden sind und das Protokoll erst spät fertiggestellt werden konnte.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 06.12.2005; Aktenzeichen 21 Ks 13/04) |
Gründe
Der Angeklagte wurde in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 11. März 2004 (Az.: 395 Gs 80/04), der auf den dringenden Tatverdacht des versuchten Mordes, tateinheitlich begangen mit besonders schwerer Brandstiftung, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, gefährlicher Körperverletzung und Versicherungsmissbrauch (§§ 211 Abs. 1, Abs. 2, 306 a Abs. 1 Nr. 3, 306 b Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 308 Abs. 1 und Abs. 2, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5, 265 Abs. 1, 22, 23, 52 StGB) und auf den Haftgrund der Schwere der Tat (§ 112 Abs. 3 StPO) gestützt ist, am 16. März 2004 festgenommen. Seit diesem Tage befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft.
Mit bei dem Landgericht - Schwurgerichtskammer - Halle erhobener Anklage unter dem Datum 16. August 2004 (Az.: 501 Js 4540/03) hat die Staatsanwaltschaft Halle dem Angeklagten zur Last gelegt, folgende acht Straftaten in Halle und anderen Orten im Zeitraum vom 06. März 2000 bis zum 21. Dezember 2002 begangen zu haben:
1. Der Angeschuldigte gemeinschaftlich mit einem Mitangeschuldigten handelnd ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört zu haben, wobei der Angeschuldigte W.
in der Absicht handelte, eine andere Straftat zu ermöglichen,
der Angeschuldigte W. tateinheitlich hierzu
in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt zu haben, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregte oder unterhielt, wobei er einen Versicherungsfall vortäuschte, nachdem er oder ein Anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört hatte (Anklagepunkt 1.),
2. - 3. in 2 rechtlich selbständigen Fällen
wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vorgetäuscht zu haben, dass eine rechtswidrige Tat begangen worden sei (Anklagepunkte 2 und 5),
4. - 6. in 3 rechtlich selbständigen Fällen,
versucht zu haben, in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch zu beschädigen, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregte oder unterhielt (Anklagepunkte 3, 4 und 6),
in einem Fall tateinheitlich hierzu
zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde hergestellt zu haben (Anklagepunkt 4),
7. vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgegeben zu haben (Anklagepunkt 7),
8. durch dieselbe Handlung
a) in einer unbestimmten Vielzahl von tateinheitlich begangenen Fällen je in den Tatvarianten der Habgier, der Heimtücke, mit gemeingefährlichen Mitteln und um eine andere Straftat zu ermöglichen, versucht zu haben, einen Mord zu begehen,
b) ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt und durch eine Brandlegung zerstört zu haben, wobei er andere Menschen durch die Taten in die Gefahr des Todes gebracht und in der Absicht gehandelt hat, eine andere Straftat zu ermöglichen,
c) vorsätzlich, anders als durch Freisetzung von Kernenergie namentlich durch Sprengstoff bzw. Gas, eine Explosion herbei geführt und dadurch vorsätzlich Leib oder Leben eines anderen Menschen und fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet zu haben,
d) eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben, wobei die Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Handlung begangen worden ist, Verbrechen und Vergehen, strafbar nach §§ 211 Abs. 1 u. Abs. 2, 306 a Abs. 1 Nr. 1, 306 b Abs. 2 Nr. 1 u. 2, 308 Abs. 1 u. 2, 263 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5, 267 Abs. 1, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5, 156, 145 d Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 1, Abs. 2, 52, 53, 54 StGB.
Die 1. große Strafkammer - Schwurgerichtskammer - des Landgerichts Halle hat mit Beschluss vom 07. September 2004 den Haftbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 11. März 2004 entsprechend den Anklagevorwürfen neu gefasst. Mit Beschluss vom 12. Oktober 2004 hat die Strafkammer die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung hat vom 17. November 2004 bis zum 06. Dezember 2005 angedauert.
Mit Urteil der 1. großen Strafkammer - Schwurgerichtskammer - des ...