Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 21.09.2004; Aktenzeichen 6 Ns 250/04) |
StA Magdeburg (Aktenzeichen 802 Js 81543/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten werden die Beschlüsse der 6. Strafkammer des Landgerichts Magdeburg vom 21. September 2004, mit denen das Landgericht einen Pflichtverteidigerwechsel abgelehnt hat, aufgehoben.
Rechtsanwältin Sch. aus H. wird als Pflichtverteidigerin entbunden, Rechtsanwalt F. aus B. wird dem Angeklagten als Pflichtverteidiger zu den Bedingungen eines in H. ansässigen Rechtsanwalts bestellt.
Gründe
Mit Beschlüssen vom 21. September 2004 hat das Landgericht Magdeburg abgelehnt, die Pflichtverteidigerin Rechtsanwältin Sch. zu entpflichten und den Rechtsanwalt F. aus B. zum neuen Pflichtverteidiger zu bestellen, weil es eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwältin Sch. mangels entsprechender Darlegungen nicht festzustellen vermochte und der Verteidigerwechsel mit Mehrkosten verbunden wäre. Der Angeklagte begehrt mit seiner Beschwerde den Wechsel des Pflichtverteidigers.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nicht nach § 305 S. 1 StPO ausgeschlossen, weil der die Verteidigerauswechselung ablehnende Beschluss des Strafkammervorsitzenden vor Beginn der Hauptverhandlung ergangen ist und letztere auch bis zur Entscheidung des Senats beendet ist.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Der Generalstaatsanwalt in Naumburg hat in seiner Zuschrift vom 2. November 2004 ausgeführt:
"Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde ist begründet. Grundsätzlich muss zwar ein Angeklagter seinen Antrag, die Bestellung eines notwendigen Verteidigers wegen eines gestörten Vertrauensverhältnisses zurückzunehmen, substantiiert begründen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47 Aufl., § 143 Rn. 5). Dies gilt nicht, wenn der bisherige notwendige Verteidiger mit seiner Entbindung von der Pflichtverteidigung einverstanden ist und durch die Beiordnung des neuen Verteidigers weder eine Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten für die Staatskasse verursacht werden (vgl. KG NStZ 1993, 201, 202; Brandenburgisches OLG StV 2001, 442). In diesem Fall gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht, dem Wunsch des Angeklagten auf Wechsel auch ohne Vorbringen von Widerrufsgründen zu entsprechen. Die Fürsorgepflicht ergibt sich aus § 142 Abs. 1 Satz 2 u. 3 StPO unabhängig davon, ob Wahl- oder Pflichtverteidigung vorliegt. Da sich nach dem Gesetzeszweck die Pflichtverteidigung möglichst wenig von der Wahrverteidigung unterscheiden soll, ist diese Regelung auch bei dem Wechsel eines Pflichtverteidigers gemäß § 143 StPO heranzuziehen (KG a.a.O., S. 202; Löwe/Rosenberg/Klaus Lüderssen, StPO, 25. Aufl., § 143 Rn. 9).
Die bisherige Pflichtverteidigerin, Frau Rechtsanwältin Sch. , ist mit ihrer Entbindung einverstanden (Bl. 9, 54 d.A.).
Die Akte hat dem Vorsitzenden am 09.07.2004 mit dem Schreiben des Angeklagten vom 26.05.2004 (Bl. 1 d.A.) und dem Entbindungsantrag von Rechtsanwältin Sch. vom 08.06.2004 (Bl. 9 d.A.) vorgelegen (Bl. 18 d.A.). Der Antrag von Rechtsanwalt F. ist am 20.07.2004 eingegangen (Bl. 20 d.A.). In der vom Vorsitzenden vorgesehenen Frist von 3 Wochen zur Begründung der Berufung wäre ein Pflichtverteidigerwechsel ohne Verfahrensverzögerung möglich gewesen.
Die Bestellung eines Pflichtverteidigers unter Beschränkung des Vergütungsanspruches ist dann zulässig, wenn dieser sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt (OLG Nürnberg NStZ 1997, 358; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 142 Rn. 6 m.w.N.). Rechtsanwalt F. hat auf die Geltendmachung der Kosten verzichtet, die die bei unveränderter Pflichtverteidigung anfallenden übersteigen würden (Bl. 50 u. 60 d. A)."
Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der Senat an.
Fundstellen
Haufe-Index 2581167 |
StraFo 2005, 73 |