Leitsatz (amtlich)
Bei der Streitwertbemessung für ein selbständiges Beweisverfahren wegen Vorliegens von Baumängeln und deren Beseitigung ist auf das mit seinem Antrag verfolgte objektive Interesse des Antragstellers zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung abzustellen, wobei Mangelfolgeschäden in Gestalt eines Mietzinsausfalls unberücksichtigt bleiben.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 09.06.2009; Aktenzeichen 4 OH 8/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird in Abänderung des Einzelrichterbeschlusses der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 09. Juni 2009 der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren anderweitig auf
bis 200.000,00 €
festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwertes für das selbständige Beweisverfahren auf 450.000,-- € durch das Landgericht. Mit Schriftsatz vom 06. Juni 2003 beantragte der Antragsteller die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob im Keller und Gaststättenbereich des Objekts U. in H. bestimmte Feuchtigkeitsschäden und Risse vorliegen. Als vorläufigen Streitwert gab er einen Betrag von 450.000,-- € an. Das Landgericht hat antragsgemäß eine Beweiserhebung durch einen Sachverständigen angeordnet, der in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kosten für die fachgerechte Mängelbeseitigung der festgestellten Schäden überschlägig 193.000,-- € betragen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Streitwert für das Beweissicherungsverfahren auf 450.000,-- € festgesetzt und der Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 20. Januar 2011 nicht abgeholfen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Streitwertfestsetzung auch das Interesse des Antragstellers an dem Mietschaden in der Gaststätte zu berücksichtigen sei. Er habe bereits mit Schriftsatz vom 11. Juli 2003 erhebliche Mietausfälle konkret benannt und im weiteren Schriftsatz vom 20. April 2004 dargelegt, dass er erheblichen Schadenersatzforderungen des Gaststättenmieters ausgesetzt sei. Daher erscheine das in der Antragsschrift genannte Interesse am Verfahren in Höhe von 450.000,-- € als zutreffend.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß den § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft. Die Beschwerdefrist der §§ 68 Abs. 1 Satz 3 in Verb. mit 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist im vorliegenden Fall gewahrt.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren war in Abänderung des angefochtenen Beschlusses auf bis 200.000,-- € festzusetzen (§§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO).
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens richtet sich grundsätzlich nach dem Hauptsachewert, auf den sich die Beweiserhebung bezieht (vgl. BGH, NJW 2004, 3488). Dabei ist das Interesse maßgeblich, das der Antragsteller mit seinem Antrag verfolgt hat. Im vorliegenden Fall wollte er durch seinen Antrag vom 06. Juni 2003 auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens feststellen lassen, in welchem Umfang Feuchtigkeits- und Rissschäden in bestimmten Räumen des Gebäudes U. in H. vorliegen, welche Kosten voraussichtlich für die fachgerechte Mangelbeseitigung entstehen werden und ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Minderwert eingetreten ist. Das selbständige Beweisverfahren bezog sich somit auf die tatsächliche Klärung möglicher Schadenersatzansprüche wegen Baumängel. In diesen Fällen richtet sich der Streitwert nach dem erforderlichen Kostenaufwand für die fachgerechte Beseitigung der festgestellten Mängel, d. h. hier nach den von dem Sachverständigen angesetzten Kosten der Mängelbeseitigung von 193.000,-- €. Soweit der Antragsteller bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens den Streitwert vorläufig mit 450.000,-- € angegeben hat, handelt es sich insoweit nur um eine subjektive, nicht bindende Einschätzung der möglichen Kosten. In derartigen Fällen ist für den Streitwert der zutreffende, von einem Sachverständigen festgestellte Wert - bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung - festzusetzen (vgl. BGH, NJW, aaO., 3490).
Andere Positionen, insbesondere ein Mangelfolgeschaden in Gestalt des Mietzinsausfalls nach Kündigung durch den Gaststättenmieter, wirken im vorliegenden Fall nicht streitwerterhöhend. Denn diese hat der Antragsteller erst später eher informationshalber in das Verfahren eingeführt. Die bloße Erwähnung, dass auch eine im Gebäude betriebene Gaststätte von den Feuchtigkeitsschäden betroffen sei, ändert nichts an dem Umstand, dass sich das ursprüngliche Interesse des Antragstellers alleine auf eine Beweiserhebung zu den Mängelbeseitigungskosten bezog und der Beweisbeschluss des Landgerichts nur diese Kosten zum Gegenstand hatte. Dass der Antragsteller in dem mittlerweile eingeleiteten Hauptsacheverfahren auch den Schaden wegen Mietausfall in Höhe von 250.000,-- € eingeklagt hat, macht diese Zusatzkosten nicht zum Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens.
Die...