Leitsatz (amtlich)
Wird eine Klageschrift mit Prozesskostenhilfegesuch dem Beklagten formlos zur Stellungnahme übersandt, kann ihm auf seinen Antrag keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, denn die setzt eine Prozessführung voraus.
Verfahrensgang
AG Wittenberg (Beschluss vom 10.07.2007; Aktenzeichen 4a F 342/07) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - Wittenberg vom 10.7.2007 - 4a F 342/07 UK, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit am 18.5.2007 beim AG - FamG - Dessau eingegangenem Prozesskostenhilfeantrag nebst Klage (Bl. 1 ff. d.A.) begehrte der Kläger Prozesskostenhilfe für den Antrag, das Schlussurteil des AG Wittenberg vom 21.11.2006 - 4a F 472/06 UK, dahingehend abzuändern, dass er ab Zustellung der Klage nur noch verpflichtet sein sollte, für seine minderjährigen Kinder einen reduzierten Kindesunterhalt zu zahlen.
Mit Verfügung vom 24.5.2007 (Bl. 13 d.A.) hat das AG der Beklagten, also der betreuenden Kindesmutter, eine unbeglaubigte Abschrift der Klageschrift nebst Prozesskostenhilfeantrages mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zugang formlos übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 4.6.2007, eingegangen beim AG am 11.6.2007 (Bl. 14 ff. d.A.), nahm die Beklagte zum Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe Stellung, indem sie u.a. darauf hinwies, dass der "beabsichtigten" Rechtsverfolgung des Klägers keine Erfolgsaussichten beschieden seien, sodass sein Antrag zurückzuweisen sei. Zugleich beantragte sie, ihr selbst für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 13.6.2007 (Bl. 16 d.A.) wies das AG den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Passivlegitimation der Beklagten zurück. Überdies versagte es mit Beschluss vom 10.7.2007 (Bl. 19 PKH-Beiheft der Beklagten) sodann der Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe, da eine Zustellung der Klage bisher nicht veranlasst worden sei, sodass deshalb für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kein Raum bleibe.
Gegen diesen Beschluss wendet sich nunmehr die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde (Bl. 21 ff. d.A.), der das AG nicht abgeholfen hat.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihr sei auch für das Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Anwaltes zu bewilligen, folge doch bereits aus dem Wortlaut des § 114 ZPO, dass auch die hinreichende Erfolgsaussicht der "beabsichtigten" Rechtsverteidigung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausreiche.
Für diese Ansicht spreche, dass die Klage noch nicht rechtshängig geworden sei, sodass sie auch nicht nach dem Beratungshilfegesetz eine Erstattung ihrer Anwaltskosten verlangen könne, da danach lediglich für die außerprozessuale Vertretung ein Erstattungsanspruch aus der Staatskasse in Betracht komme. Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens sei darüber hinaus die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 10.8.1999 - 2 F 144/98 (FamRZ 2000, 1022) einschlägig.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beklagten ist nämlich für ihre Stellungnahme zum Prozesskostenhilfegesuch des Klägers zu Recht keine Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO durch das AG bewilligt worden.
Nach § 114 Satz 1 ZPO kann einer Partei auf ihren Antrag hin durch das Gericht Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der "Prozessführung" nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Entscheidungsfall fehlt es schon an einer "Prozessführung" und damit auch an einer beabsichtigten Rechtsverteidigung der Beklagten im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
Ausweislich der vorliegenden Prozessakte wurde der Beklagten der Prozesskostenhilfeantrag nebst Klage aufgrund Verfügung des AG vom 24.5.2007 lediglich formlos und in einfacher, unbeglaubigter Abschrift übermittelt und ihr Gelegenheit gewährt, hierzu binnen zwei Wochen ab Zugang Stellung zu nehmen. Zugleich hat das AG in seiner Verfügung darauf hingewiesen, dass erst im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine förmliche Zustellung der Klageschrift erfolgen wird. Demzufolge fehlt es aber schon an einem wirksamen Prozessrechtsverhältnis der Parteien wie dies § 114 ZPO verlangt ("Prozessführung"), tritt doch ein solches nach § 261 Abs. 1 ZPO auch erst mit der Erhebung der Klage ein. Nach § 253 Abs. 1 ZPO erfolgt die Erhebung der Klage regelmäßig erst mit der Zust...