Entscheidungsstichwort (Thema)
Mögliche Konsequenzen eines unvollständigen Sitzungsprotokolls in einem Scheidungsverfahren. Unzulässigkeit einer Veränderung der Ehezeit für den Versorgungsausgleich durch Vereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Enthält das Sitzungsprotokoll in einem Scheidungsverfahren nicht den Hinweis, dass ein aus der Anlage ersichtliches Urteil verkündet wurde und enthält das Protokoll statt dessen nur den Text " Beschlossen und Verkündet: Die Ehe der Parteien wird geschieden ..." bestehen rechtliche Bedenken, ob ein die Scheidung aussprechendes Urteil verkündet wurde.
2. Eine Veränderung der Ehezeit durch Vereinbarung ist unzulässig (BGH v. 18.7.2001 - XII ZB 106/96, BGHReport 2001, 786 = FamRZ 2001, 1444).
3. Eine Herabsetzung oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist nur unter ganz besonderen Umständen zulässig (BGH v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378 = FamRZ 2004, 256; BVerfG v. 20.5.2003 - 1 BvR 237/97, FamRZ 2003, 1173).
Normenkette
BGB §§ 1565, 1587c; ZPO § 311
Verfahrensgang
AG Zeitz (Beschluss vom 26.07.2005; Aktenzeichen 6 F 21/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland wird der Beschluss des FamG Zeitz vom 26.7.2005 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das FamG Zeitz zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden hat.
Gründe
Das FamG hat durch Beschl. v. 26.7.2005 den abgetrennten Versorgungsausgleich entschieden. Hiergegen hat die Rentenversicherung form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Zunächst ist schon zweifelhaft, ob die Ehe der Parteien am 21.4.2004 überhaupt geschieden wurde. Ausweislich des Protokolls wurde ein Beschluss verkündet, in dem die Scheidung der Ehe und eine Sorgerechtsentscheidung enthalten ist. Das FamG wird zu prüfen haben, ob ein Urteil nach § 311 Abs. 1, 2 S. 1 ZPO oder aber ein Beschluss verkündet wurde und ggf. durch die Zustellung eines vollständigen Urteils eine Heilung eingetreten ist.
Der Beschluss hinsichtlich des Versorgungsausgleichs war unabhängig hiervon aufzuheben, denn er verstößt gegen § 1587 Abs. 2 BGB. Die Ehezeit ist gesetzlich normiert, ein Abweichen ist weder dem Gericht noch den Parteien gestattet. Die Parteien können Zeiten durch Vereinbarung ausnehmen, ebenso kann das FamG im Rahmen des § 1587c BGB eine Herabsetzung durchführen, jedoch sind die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zu beachten (vgl. z.B. BGH v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378 = FamRZ 2004, 256). Eine Veränderung der Ehezeit ist jedoch unzulässig (BGH v. 18.7.2001 - XII ZB 106/96, BGHReport 2001, 786 = FamRZ 2001, 1444). Ob bei einer Härtefallentscheidung nach § 1587c BGB die Grundsätze anzuwenden sind, die für eine Vereinbarung gelten, ist vom BGH ausdrücklich noch nicht entschieden worden. Die Parteien haben am 21.4.2004 keine Vereinbarung geschlossen und es bestehen auch durchgreifende Bedenken, mit den Gründen gem. Schriftsatz vom 20.2.2004 (Bl. 31 d.A.) eine Herabsetzung zu begründen. Die Gründe in der Entscheidung zum Versorgungsausgleich sind nicht ausreichend für eine Herabsetzung (vgl. u.a. BVerfG v. 20.5.2003 - 1 BvR 237/97, FamRZ 2003, 1173 [1175]).
Fundstellen
Haufe-Index 1489098 |
FamRZ 2006, 959 |
OLGR-Ost 2006, 536 |