Leitsatz (amtlich)

1. Ist bei einem Gericht ein selbständiges Beweisverfahren geführt worden, so ist es in der Regel sachgerecht, auch das streitige Hauptsacheverfahren vor demselben Gericht zu führen.

2. Bei der Gerichtsstandsbestimmung ist im Hinblick auf die Dispositionsbefugnis der Parteien und den Rechtsgedanken des § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein Einverständnis der Parteien im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich zu beachten.

 

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das LG Halle bestimmt.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin beabsichtigt, die Antragsgegnerin zu 1) aus abgetretenem Recht wegen Baumängel aufgrund werkvertraglicher Gewährleistung auf Schadensersatz und die Antragsgegnerin zu 2) - ebenfalls aus übergeleiteten Recht - aus zwei Gewährleistungsbürgschaften in Anspruch zu nehmen. Ferner begehrt sie von den Antragsgegnerinnen Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten.

Zur Begründung ihrer Klageforderung trägt sie im wesentlichen vor:

Die Bauträgerin des Bauvorhabens W. 1 bis 14 in Sch. und Rechtsvorgängerin ihrer jetzigen Verwalterin habe die Antragsgegnerin zu 1) am 3.8.2001 mit einer Rohrinnensanierung in den Häusern W. 1 bis 14 in Sch. und den Austausch von Trinkwasserleitungen im Kellergeschoss sowie der Tiefgarage beauftragt. Die Antragsgegnerin zu 2), die ihren Geschäftssitz in Hannover unterhält, habe als Bürgin der Antragsgegnerin zu 1) mit Bürgschaftsverträgen vom 3.12.2004 und vom 14.12.2004 zwei Gewährleistungsbürgschaften für die Rohrinnensanierung zu einer Bürgschaftssumme von insgesamt 16.800 EUR übernommen. Die Arbeiten der Antragsgegnerin zu 1), die die Bauträgerin am 18.12.2001 abgenommen habe, seien mit erheblichen Mängeln behaftet. Nach Abtretung sämtlicher Gewährleistungsansprüche in Bezug auf die Rohrsanierungsarbeiten habe sie deshalb mit Schreiben vom 6.1.2009 die Antragsgegnerin zu 1) vergeblich zur Nachbesserung unter Fristsetzung aufgefordert.

Zum Zwecke der Beweissicherung und Feststellung der zwischen den Parteien streitigen Mängel hat die Antragstellerin vor dem LG Halle gegen die Antragsgegnerin zu 1), die in Sangerhausen geschäftsansässig ist, ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet und dies im Verlaufe des Verfahrens auf die Antragsgegnerin zu 2) erweitert. Im Hinblick auf die Parteierweiterung im selbständigen Beweisverfahren auch gegen die Antragsgegnerin zu 2) hat die Antragstellerin bei dem OLG Naumburg einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts angebracht. Mit Beschluss vom 26.3.2009 hat der Senat (Geschäftszeichen 1 AR 1/09) das LG Halle als das für beide Antragsgegnerinnen gemeinschaftlich örtlich zuständige Gericht bestimmt.

Nachdem das selbständige Beweisverfahren nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. seinen Abschluss gefunden hat, beabsichtigt die Antragstellerin nunmehr, gegen die Antragsgegnerinnen im Klagewege vorzugehen. Im Hinblick auf die beabsichtigte Hauptsacheklage hat sie das OLG Naumburg erneut zur Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichtsstandes gegen beide Antragsgegnerinnen angerufen. Sie beantragt insoweit, das LG Halle als das zuständige LG zu bestimmen.

Der Senat hat die Antragsgegnerinnen angehört, die gegen die Bestimmung des LG Halle als das für die Hauptsache zuständige Gericht keine Einwände erheben.

B.I. Das OLG Naumburg ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen, da die allgemeinen Gerichtsstände der Beklagten in den Bezirken verschiedener OLG liegen und es das gem. § 37 Abs. 1 ZPO zuerst angerufene OLG ist (vgl. BGH NJW 2008, 3789 - 3790 zitiert nach juris; Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 36 ZPO Rz. 4). Als weiterer Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des OLG Naumburg ist zudem anzuführen, dass das zum hiesigen Gerichtsbezirk gehörende LG Halle bereits in dem dem Hauptsacheverfahren voraus gegangenen selbständigen Beweisverfahren mit der Sache befasst war (§ 36 Abs. 2 ZPO).

II. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen hier vor.

1. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerinnern als einfache Streitgenossen i.S.d. §§ 59, 60 ZPO in Anspruch. Zu den Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft hat sie schlüssig vorgetragen, dass die Antragsgegnerin zu 1) aus Sachmängelgewährleistung hafte, während die Antragsgegnerin zu 2) für die Erfüllung der Hauptforderung als Bürgin bis zur Bürgschaftssumme von 16.800 EUR einzustehen habe.

§ 60 ZPO lässt schon die Gleichartigkeit von Ansprüchen aufgrund eines im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grundes zur Begründung der Streitgenossenschaft genügen. Auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend gemachten Ansprüche ist daher Streitgenossenschaft anzunehmen, wenn diese Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (vgl. BGH NJW-RR 1991, 381; BayObLG NJW-RR 2003, 134 - 135 m.w.N. zitiert nach juris). In diesem Sinne sind die gegen di...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?