Tenor
Auf das Rechtsmittel der Antragstellerin wird der Bescheid der Präsidentin des OLG Naumburg vom 5.11.2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung an die Präsidentin des OLG Naumburg zurückverwiesen.
Das Verfahren ist gebühren- und auslagenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert beträgt 5.000 DM.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat am 31.8.2001 bei der Präsidentin des OLG Naumburg einen Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt, den die Präsidentin des OLG am 5.11.2001 abschlägig beschieden hat.
Gegen diesen – ihr am 15.11.2001 zugestellten – Bescheid hat die Antragstellerin mit einem Schriftsatz, der am 11.12.2001 beim Senat eingegangen ist, gerichtliche Entscheidung beantragt.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 23 ff. EGGVG). Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Zurückverweisung der Sache an die Präsidentin des OLG zur erneuten Prüfung und Bescheidung.
1. Der angefochtene Bescheid geht zu Unrecht davon aus, dass der Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses (§ 1309 Abs. 2 BGB) rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist.
Allein die Tatsache, dass sich die Antragstellerin noch vor ihrer Ausreise aus Vietnam und ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland (18.1.2001) Ledigkeitsbescheinigungen (vom 12. und 16.1.2001) des Volkskomitees der zuständigen Gemeinde in Vietnam hat ausstellen lassen, lässt noch nicht darauf schließen, dass sie offensichtlich die Eingehung einer Scheinehe bezweckt. Das besagte Verhalten deutet nämlich lediglich darauf hin, dass die Antragstellerin bestrebt gewesen ist, bürokratischen Hindernissen zu begegnen, die ihrer Ansicht nach bei einer Eheschließung außerhalb Vietnams zu befürchten waren. Gegen derartige Hindernisse Vorkehrungen zu treffen, war und ist das gute Recht der Antragstellerin und vom Staat zu respektieren (Art. 2 des Grundgesetzes).
Auch dass die – zunächst der deutschen Sprache nicht kundige – Antragstellerin bereits am 17.5.2001 vor dem Standesamt der Verwaltungsgemeinde E. in Z. die Eheschließung mit dem – nicht weit entfernt wohnenden, rund acht Jahre älteren – deutschen Staatsangehörigen O.K. angemeldet hat, nachdem ihr Asylantrag mit rechtskräftigem Bescheid vom 27.2.2001 abgelehnt worden war, rechtfertigt noch nicht die Feststellung, dass sie keine eheliche Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB) plant, sondern ausschließlich ehefremde Zwecke verfolgt. Denn der Staat schützt nicht nur das Recht der Antragstellerin, jeder Zeit mit einem Partner ihrer Wahl die Ehe zu schließen (§§ 1303 ff. BGB, Art. 2 des GG), sondern gewährt ihr nach der Eheschließung auch ein verfassungsrechtlich geschütztes Bleiberecht bei ihrem Partner in Deutschland (Art. 6 des GG). Der Wille der Antragstellerin, diese Rechte für sich in Anspruch zu nehmen, darf ihr nicht zum Nachteil gereichen.
2. Da der angefochtene Bescheid von der Prüfung weiterer gesetzlicher Voraussetzungen für die Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses absieht, kann keine Sachentscheidung getroffen werden, sondern es hat eine Entscheidung wie aus dem Tenor ersichtlich zu ergehen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 30 EGGVG i.V.m. § 131 KostO und § 13a FGG sowie auf § 30 KostO.
gez. Dr. Friederici gez. Bisping gez. Thole
Fundstellen
Haufe-Index 1108665 |
FamRZ 2002, 1116 |
EzFamR aktuell 2002, 207 |