Leitsatz (amtlich)

Hat sich der wettbewerblich Abgemahnte bereits einem Dritten gegenüber zur Unterlassung des abgemahnten Verhaltens verpflichtet, so entfällt dadurch die Wiederholungsgefahr. Der Abgemahnte ist verpflichtet, den Abmahnenden über die erfolgte Unterlassungserklärung zu unterrichten. Tut er dies nicht, sondern erst im Prozess und wird daraufhin die Hauptsache beiderseits für erledigt erklärt, so hat er die Kosten des Prozesses zu tragen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 11.08.2008; Aktenzeichen 7 O 331/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des LG Halle vom 11.8.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Streitwertstufe bis 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger ist ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die aufklärende Verbraucherberatung sowie die Förderung des Umweltschutzes in der Bundesrepublik Deutschland gehört. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagengesetz eingetragen.

Der klagende Verband hat die Beklagte, die in G. ein Autohaus betreibt, auf Unterlassung der Werbung für den Kauf neuer Personenkraftwagen in Zeitungen oder Zeitschriften in Anspruch genommen, sofern diese keine Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmissionen i.S.d. § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV enthält. Daneben hat er die Erstattung von Abmahnkosten begehrt.

In einer Annonce des T., Ausgabe vom 17.11.2007, bewarb die Beklagte 10 Fahrzeuge der Marke Ford Fiesta wie folgt:

"10x Ford Fiesta, kein EU

Deutsche Tageszul. 8/07, 0 km,

Ford Fiesta Fan X 1.3 60 PS, 3-tür., Listenpreis

13.085,- EUR, Klima, ABS, Servo, ZV m FB, el FH,

Euro 4, CD-Radio, marineblau und schwarz 9.460,- EUR"

Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emmissionen fehlten in der Werbeanzeige.

Da der Kläger die Werbung wegen eines Verstoßes gegen die Verbraucherkennzeichnungsvorschriften des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV in Verbindung mit Anlage 4 Abschnitt I der Pkw-EnVKV für wettbewerbswidrig erachtet hat, hat er die Beklagte mit Schreiben vom 21.12.2007 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 4.1.2008 aufgefordert. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist hat er die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe angekündigt.

Da die Beklagte auf die Abmahnung des Klägers innerhalb der ihr gesetzten Erklärungsfrist nicht reagierte, hat der Kläger mit Klageschrift vom 28.2.2008, die der Beklagten am 8.5.2008 zugestellt wurde, Unterlassungsklage vor dem LG Halle angestrengt.

Zeitlich vor der Abmahnung des Klägers war der Beklagte allerdings bereits mit Schreiben vom 18.11.2007 von der Firma A. GbR wegen des Inhalts der Annonce vom 17.11.2007 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert worden. Der früheren Abmahnung der Firma A. GbR hatte er sich mit Erklärung vom 28.11.2007 unterworfen.

Von dieser Unterwerfungserklärung erfuhr der Kläger erstmals mit Zustellung der Klageerwiderungsschrift am 29.7.2008. Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache darauf hin durch beiderseitige Erklärungen einvernehmlich für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten aufzuerlegen seien, da diese dem Kläger vor Klageeinreichung verschwiegen habe, dass sie sich bereits gegenüber einem Dritten zur Unterlassung verpflichtet habe. Die Beklagte habe damit der ihr obliegenden Aufklärungspflicht zuwider gehandelt, die es ihr hier geboten hätte, den Kläger rechtzeitig von der gegenüber einem Drittgläubiger ausgesprochenen Unterwerfungserklärung in Kenntnis zu setzen. Indem sie die notwendige Aufklärung versäumt und den unwissenden Kläger nicht von der Erhebung einer von vorne herein mangels Wiederholungsgefahr unbegründeten Unterlassungsklage abgehalten habe, habe sie sich schadensersatzpflichtig gemacht.

Die Beklagte ist dem Kostenantrag des Klägers entgegen getreten und hat beantragt, den Kläger mit den Kosten des Rechtsstreites zu belasten.

Mit Beschluss vom 11.8.2008 hat das LG im Hinblick auf die einvernehmlichen Erledigungserklärungen der Parteien der Beklagten die Kosten des Rechtsstreites auferlegt. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte, die auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht reagiert habe, Veranlassung zur Klage geboten habe. Da die Beklagte den Kläger nicht über die bereits gegenüber der Firma A. GbR abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung informiert habe, habe dieser davon ausgehen können, dass er den Unterlassungsanspruch nur im Klagewege erfolgreich durchsetzen könne. Die durch die Erhebung der Klage entstandenen Rechtsverfolgungskosten müsse nun die Beklagte wegen Verletzung der sie treffenden Aufklärungspflicht tragen. Denn es wäre ihre Sache gewesen, den abmahnen...

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