Verfahrensgang

LG Magdeburg (Entscheidung vom 25.01.2021; Aktenzeichen 21 KLs 828 Js 77925/19 (9/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Nebenklägers wird der Beschluss des Landgerichts Magdeburg - 1. Große Strafkammer - vom 25. Januar 2021 - Az. 21 KLs 828 Js 77925/19 (9/20) - unter Teilaufhebung dahin neu gefasst, dass dem Nebenkläger für das ganze Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 24. Juli 2019 wurde der Beschwerdeführer als Nebenkläger zu einem Verfahren zugelassen, das sich gegen drei Mitangeklagte richtet. Am ersten Sitzungstag vor der 1. Großen Strafkammer beantragte der Nebenklägervertreter für den Nebenkläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung, dem das Landgericht Magdeburg mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. Januar 2021 nur dahin entsprochen hat, "soweit das Verfahren die den Angeklagten S. und L. mit Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg - Zweigstelle Halberstadt - vom 23. Juli 2018 zur Last gelegte Tat betrifft."

Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021 hat der Nebenkläger Beschwerde eingelegt und beantragt,

ihm die Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren zu bewilligen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen und verwiesen.

Mit Beschluss vom 02. Februar 2021 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, dass die Einschränkung lediglich die Hauptverhandlungstermine am 26. Januar und 01. Februar 2021 betreffe, an denen dem Angeklagten S. zur Last gelegte Delikte verhandelt würden, die in keinem Zusammenhang mit dem den Nebenkläger betreffenden Verfahrensteil stünden, und für die im Übrigen die Mitangeklagten L. und O. sowie deren Verteidiger nach § 231c StPO beurlaubt seien.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 24. Februar 2021 beantragt, die "sofortige Beschwerde" zu verwerfen. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 27. Februar 2021 verfolgt der Nebenkläger das ursprüngliche Begehren weiter.

II.

Die Beschwerde des Nebenklägers ist zulässig. Gegen die unter Einschränkungen vorgenommene Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO steht einem Nebenkläger als statthafter Rechtsbehelf die Beschwerde nach § 304 StPO zu. Die Unanfechtbarkeit eines Beschlusses nach § 397a Abs. 2 StPO wurde durch Streichung von § 397a Abs. 3 Satz 3 StPO durch das Gesetz vom 14. März 2013 (BGBl. I 2013, 1805) beseitigt. Mangels ausdrücklicher Bestimmung ist eine sofortige Beschwerde nicht gegeben.

Die Beschwerde des Nebenklägers hat in der Sache Erfolg. Denn eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Nebenklägervertreters nach § 397a Abs. 2 StPO kann für das Strafverfahren und für den Rechtszug nur einheitlich ergehen und nicht einzelne Teile des Verfahrens, insbesondere einzelne Hautverhandlungstage oder einzelne Tatvorwürfe, hiervon ausnehmen.

§ 397a Abs. 2 Satz 1 StPO definiert die Voraussetzungen, unter denen Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Dem Nebenkläger ist für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Weitere Bedingungen sieht das Gesetz nicht vor. Die Verweisung auf die Vorschriften der §§ 114 ff. ZO durch die Formulierung "nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten" führt unzweifelhaft nicht dazu, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe danach orientiert, ob und inwieweit eine Nebenklage Erfolg haben kann oder nicht. § 114 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO wird von § 397a Abs. 2 Satz 3 StPO für nicht anwendbar erklärt, so dass die Erfolgsaussicht der Nebenklage für die Bewilligungsentscheidung keine Rolle spielt.

Der Nebenkläger genießt nach den Vorstellungen des Gesetzes eine besondere Verfahrensrolle.

Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass § 397 StPO dessen Rechte besonders definiert und damit die Stellung des Nebenklägers in Abgrenzung zu einem Privatkläger hervorhebt.

Dazu gehört insbesondere das Recht des Nebenklägers zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung (§ 397 Abs. 1 Satz 1 StPO), so dass die seine Anwesenheit beschränkenden Vorschriften der §§ 58 Abs. 1, 243 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gelten (u.a. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2021, § 397, Rn. 2). Das Anwesenheitsrecht erstreckt sich hierbei auf die gesamte Hauptverhandlung (Valerius, in: MüKoStPO, 1. Aufl. 2019, § 397, Rn. 4).

Mit dem Wesen der Nebenklage ist es nicht zu vereinbaren, die Entscheidung des Nebenklägers und des ihm beigeordneten Rechtsanwalts zur Ausübung des Anwesenheitsrechts über die Form der Prozesskostenhilfebewilligung zu steuern und ihn kostenrechtlich davon abzuhalten, das Anwesenheitsrecht auszuüben. Diese Kompetenz steht dem Gericht nach dem gesetzgeberischen Willen nicht zu, selbst wenn der Vorsitzende die Hauptverhandlung so gestaltet, dass einzelne Teile (insbesondere Verhandlungstage oder V...

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