Entscheidungsstichwort (Thema)
Existenzgründer-Seminare III
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem unmittelbaren Regelungsgehalt des § 128 GWB hat grundsätzlich der Antragsteller die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer zu tragen (vgl. § 128 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 VwKostG LSA bzw. ebenso § 13 Abs. 1 Nr. 1 BVwKostG); es sei denn, die abweichende Kostenregelung des § 128 Abs. 3 S. 1 GWB greift ein.
2. Die Vorschrift des § 128 Abs. 3 S. 1 GWB erfasst nur den Fall, dass der Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren in formeller Hinsicht ganz oder teilweise unterliegt. Der Gesetzgeber hat nach der Rechtsprechung des X. Zivilsenates des BGH bewusst davon abgesehen, eine vom o.g. Grundsatz abweichende Kostenregelung auch für solche Fälle zu treffen, in denen der Antragsgegner ein bevorstehendes vollständiges oder teilweises formelles Unterliegen dadurch abwendet, dass er den gerügten Vergabeverstoß faktisch heilt.
Verfahrensgang
1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt LSA (Beschluss vom 06.09.2004; Aktenzeichen 1 VK 43/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt v. 6.9.2004, soweit er sich auf das Nachprüfungsverfahren 1 VK 43/04 bezieht, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 846,75 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner schrieb im März 2004 mehrere Dienstleistungsaufträge, betreffend die "Qualifizierung, Betreuung und Begleitung von Existenzgründern/innen", parallel und nur regional getrennt nach den Bezirken der Agentur für Arbeit jeweils im Offenen Verfahren zur Vergabe aus. Die Ausschreibungen erfüllen jeweils die Voraussetzungen einer zwingend EU-weiten Ausschreibung. Die Angebotswertung übertrug der Antragsgegner in allen Vergabeverfahren verschiedenen Hochschulen des Landes.
Im Rahmen der vorliegenden Ausschreibung für den Bezirk der Agentur für Arbeit D. gab die Antragstellerin innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot für Los 1 dieses Auftrages ab, dessen Angebotsendpreis 569.600 Euro betrug. Der Antragsgegner beabsichtigte, den Zuschlag für Los 1 auf das Angebot eines anderen Bieters zu erteilen.
Am 10.6.2004 hat die Antragstellerin nach vorheriger rechtzeitiger Rüge die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der 1. Vergabekammer des Landesverwaltungsamtes des Landes Sachsen-Anhalt beantragt mit dem Ziel der Anordnung der Wiederholung der Angebotswertung. Der Antragsgegner war dem zunächst entgegengetreten und hatte unter dem 21.6.2004 die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages beantragt. Er hatte seine beabsichtigte Zuschlagserteilung als vergaberechtskonform verteidigt.
Auch in den weiteren, andere Bezirke der Agentur für Arbeit betreffenden Vergabeverfahren sind von Bietern Nachprüfungsanträge jeweils mit dem Ziel der Wiederholung der Angebotswertung, hilfsweise der Aufhebung der Ausschreibung gestellt worden. Die Vergabekammer entschied in einem dieser Nachprüfungsverfahren, welches sie selbst hierfür ausgewählt hatte, dem Verfahren 1 VK LVwA 31/04, durch Beschluss v. 23.7.2004, dass die dort streitgegenständliche Ausschreibung aufzuheben sei, weil der Vergabevermerk "nicht einmal in seinen Ansätzen dem Sinn und Zweck eines ordnungsgemäßen Vergabevermerkes" entspräche. Der Vermerk hatte weder das Ergebnis der Einzelauswertung der eingegangenen Angebote noch eine Begründung der getroffenen Vergabeentscheidung enthalten. Daneben merkte die Vergabekammer an, dass "die s. g. Auswertung der Hochschule ... nicht dem denklogischen Erfordernis einer Analyse der abgegebenen Angebote unter Darlegung der Vor- und Nachteile eines jeden Angebotes mit einer daraus sich ergebenden nachvollziehbaren Schlussfolgerung ..." entspräche. Es reiche "... eben die Feststellung grundsätzlich nicht aus, dass ein Anbieter ein annehmbares Angebot abgegeben hat, vielmehr muss auch detailliert festgehalten werden, weshalb alle übrigen Anbieter weniger annehmbare Angebote abgegeben haben ...".
Auf einen ausdrücklichen mündlichen Hinweis der Vergabekammer an den Antragsgegner im vorliegenden Nachprüfungsverfahren, dessen Inhalt nicht vermerkt ist, hat der Antragsgegner mit Schriftsatz v. 6.8.2004 erklärt, dass er seinen Zurückweisungsantrag nicht mehr aufrecht erhalte und dem Begehren der Antragstellerin auf Wiederholung der Angebotswertung entsprechen werde. Daraufhin hat die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Eine weitere Prozesserklärung hat der Antragsgegner nicht abgegeben.
Nachdem die Wiederholung der Angebotswertung begonnen hatte, hat die Vergabekammer mit Beschluss v. 6.9.2004 die Erledigung des Nachprüfungsverfahrens festgestellt. Von der Erhebung von Verfahrensgebühren für das Verfahren vor der Vergabekammer hat sie nach § 128 Abs. 3 S. 3 GWB abgesehen. Die Auslagen der Vergabekammer i.H.v. 32,20 Euro hat sie der Antragstellerin auferlegt. Im ...