Leitsatz (amtlich)

Verstößt ein Elternteil gegen einen Umgangsregelungsbeschluß und holt das Familiengericht aufgrund des Sachvortrages ein kinderpsychologisches Gutachten ein und verhandelt mit den Beteiligten über die Abänderung und/oder Ergänzung der bisherigen Umgangsregelung, kann ein Zwangsgeld wegen des zurückliegenden Verstosses nicht mehr verhängt werden.

 

Verfahrensgang

AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 20.03.1996; Aktenzeichen 22 F 1251/93)

 

Tenor

Der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Halle-Saalkreis vom 20.03.1996 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Wert der Beschwer beträgt bis zu 1.000,00 DM.

 

Gründe

Die Ehe der seit Juli 1992 getrenntlebenden Parteien wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Halle-Saalkreis vom 20.03.1996 – Az.: 22 F 1281/93 – geschieden. In dem Urteil wurde das Umgangsrecht des Antragstellers mit der aus der Ehe der Parteien hervorgegangenen Tochter J. L., geb. am 21.12.1987, festgelegt. Im Rahmen des Umgangsrechtsverfahrens für die Zeit des Getrenntlebens einigten sich die Parteien durch Vergleich vom 12.04.1994 dahin, daß der Antragsteller an einem Wochenende und einem Montag im Monat Umgang mit dem gemeinsamen Kind haben sollte. Der Vergleich wurde durch Beschluß des Amtsgerichts vom 24.06.1994 genehmigt, gleichzeitig wurde der Antragsgegnerin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld bis zu 500,00 DM angedroht. Dem Antragsteller wurde kein Umgang mit dem gemeinsamen Kind gewährt. Nach mehrmaliger Anhörung der Parteien und des Kindes sowie der Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens wurde der Antragsgegnerin wegen Nichtgewährung des Umgangsrechtes durch Beschluß vom 20.03.1996 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 DM auferlegt. Gegen den Beschluß hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 29.03.1996 Beschwerde eingelegt.

Nach Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils haben die Parteien die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt und stellen nunmehr wechselseitige Kostenanträge.

Nachdem das Scheidungsurteil und die darin getroffene Umgangsregelung rechtskräftig geworden ist, war aufgrund der eingetretenen Erledigung der Beschluß vom 20.03.1996 aufzuheben. Die durch Vergleich vom 12.04.1994 für die Dauer des Getrenntlebens vereinbarte Umgangsregelung ist nunmehr gegenstandslos geworden.

Die Kosten des Verfahrens waren gegeneinander aufzuheben, da dies der Billigkeit entspricht.

Auch ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses wäre der angefochtene Beschluß aufzuheben gewesen. Mit Rücksicht auf die Verfahrensweise des Gerichts war die Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht gerechtfertigt. Durch die Einholung des kinderpsychologischen Gutachtens hat das Amtsgericht neben dem Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgeldes ein weiteres Verfahren auf Überprüfung der getroffenen Umgangsrechtsregelung eingeleitet. Mithin durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, daß wegen der von ihr vorgetragenen Bedenken möglicherweise eine Abänderung der getroffenen Umgangsrechtsregelung erfolgt. Aufgrund des Vorstehenden und unter Berücksichtigung der Dauer des Zwangsgeldverfahrens war die erst mit Beschluß vom 20.03.1996 erfolgte Zwangsgeldfestsetzung nicht mehr gerechtfertigt. Der Beschwerde der Antragsgegnerin wäre somit stattzugeben gewesen.

Wegen der jedoch unberechtigten Verweigerung des Umgangs durch die Antragsgegnerin ist es gerechtfertigt, die Kosten des Verfahrens gem. § 13 Abs. 1 FGG gegeneinander aufzuheben.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 119 Abs. 6, 30 Abs. 3 KostO.

 

Unterschriften

gez. Dr. Friederici Richter am OLG, gez. Tigges Richterin am AG, gez. Redemann Richter am LG

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1343754

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