Leitsatz (amtlich)
1. Die dienstliche Äußerung, die ein abgelehnter Richter abzugeben hat, dient der Feststellung des für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuchs erheblichen Sachverhalts. Deshalb ist eine dienstliche Äußerung nicht erforderlich, wenn sich die entscheidungsrelevanten Tatsachen schon aus dem Akteninhalt ergeben. Eine dienstliche Äußerung kann sich demzufolge auch in einer Bezugnahme auf den Akteninhalt erschöpfen.
2. Die dienstliche Äußerung dient nicht dazu, dass der abgelehnte Richter getroffene Entscheidungen über ihre enthaltene Begründung hinaus weiter begründet oder rechtfertigt.
3. In seiner dienstlichen Äußerung hat der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch oder dessen Begründung nicht zu bewerten oder zu würdigen. Dies ist Sache der über die Ablehnung entscheidenden Richter. Diesen - und nicht dem abgelehnten Richter - obliegt auch die Gewährung rechtlichen Gehörs im Ablehnungsverfahren.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 13.04.2012; Aktenzeichen 36 O 155/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss des LG Magdeburg vom 13.4.2012 - 36 O 155/11, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 500.000 EUR.
Gründe
I. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Magdeburg, Az.: 36 O 155/11, lehnte die Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung am 26.10.2011 alle beteiligten Richter der 4. Kammer für Handelssachen (36. Zivilkammer) des LG Magdeburg, darunter auch die Vorsitzende Richterin am LG ..., wegen Besorgnis der Befangenheit ab, nachdem die Kammer der Verfügungsklägerin im Termin die Aushändigung und Einsicht in eine ausdrücklich nur für das Gericht bestimmte Anlage zu einem Schriftsatz der Verfügungsbeklagten verweigert hatte. Die abgelehnten Richter äußerten sich jeweils wortgleich durch Bezugnahme auf das Sitzungsprotokoll zu dem Ablehnungsgesuch. Die Verfügungsklägerin lehnte die Richter wegen dieser dienstlichen Äußerungen mit Schriftsatz vom 1.11.2011 erneut als befangen ab. Beide Ablehnungsgesuche wurden durch Beschluss des LG Magdeburg vom 2.11.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin gegen den Beschluss des LG Magdeburg wurden in den Beschwerdeverfahren vor dem OLG Naumburg, Az.: 10 W 72/11, mit Beschluss vom 11.1.2012 zurückgewiesen.
Mit Beschluss der Vorsitzenden Richterin am LG ... als Vorsitzende der 4. Handelskammer (36. Zivilkammer) des LG Magdeburg vom 9.12.2011 wurde die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 20.9.2011 auf Antrag der Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung von 20.000 EUR eingestellt. In den Gründen des Beschlusses wurden zwischenzeitlich aufgetretene rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung angeführt. Mit Schriftsatz vom 23.12.2011 beantragte die Verfügungsklägerin die Aufhebung dieses Einstellungsbeschlusses, hilfsweise eine Erhöhung der angeordneten Sicherheitsleistung auf 1.500.00 EUR und weiter hilfsweise der Verfügungsklägerin einzuräumen, die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit von 20.000 EUR abzuwenden. Diesen Antrag wies die Vorsitzende der 4. Kammer für Handelssachen (36. Zivilkammer) des LG Magdeburg mit Beschluss vom 24.1.2012 zurück.
Mit einem dritten Ablehnungsgesuch vom 6.3.2012, eingegangen bei dem LG Magdeburg am selben Tag, lehnte die Verfügungsklägerin die Vorsitzende der 4. Handelskammer (36. Zivilkammer) des LG Magdeburg erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit der Einstellung der Zwangsvollstreckung unter dem 9.12.2011 habe sich die abgelehnte Richterin über die dem entgegenstehende Rechtsprechung und Literatur einseitig zu Lasten der Verfügungsklägerin hinweggesetzt, obwohl die Rechtslage eindeutig gewesen sei. Danach durch den Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 23.12.2011 nochmals auf ihre eklatanten Rechtsfehler bei der Einstellung der Zwangsvollstreckung hingewiesen, habe sie im Wesentlichen ohne Ausein-andersetzung mit diesen Ausführungen mit dem Beschluss vom 24.1.2012 die Intention erkennen lassen, die rechtmäßig ergangene einstweilige Verfügung vom 20.9.2011 bzw. die Zwangsvollstreckung aus dieser einstweiligen Verfügung "um jeden Preis" aufheben zu wollen. Spätestens mit dem Beschluss vom 24.1.2012 sei wegen der Häufung von Verfahrensfehlern zu Lasten der Verfügungsklägerin auf Seiten der Verfügungsklägerin der Eindruck einer unsachlichen Einstellung der Vorsitzenden Richterin entstanden.
Die abgelehnte Richterin gab unter dem 6.3.2012 eine dienstliche Äußerung ab.
Das LG Magdeburg wies durch Beschluss vom 13.3.2012 das Ablehnungsgesuch zurück. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin vom 30.3.2012 gegen den ihr unter dem 16.3.2012 zugestellten Beschluss des LG Magdeburg vom 13.3.2012 wurde durch das OLG Naumburg unter dem Az.: 10 W 30/12 durch Beschluss vom 22.6.2012 zurückgewiesen.
Das neuerliche, vierte Ablehnu...