Leitsatz (amtlich)

Nach § 2 Abs. 3 S. 2 GKG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA ist eine Kommune in einem Zivilrechtsstreit von Gerichtskosten befreit, in dem sie selbst als Auftraggeberin eines Bauvertrages in Anspruch genommen wird.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 15.02.2012; Aktenzeichen 10 O 2436/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Magdeburg vom 15.2.2012 aufgehoben. Der Antrag der Klägerin auf Ausgleich der wechselseitigen Gerichtskostenzahlungen für die I. Instanz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.822,03 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin hat gegen die Beklagte eine Restwerklohnforderung für Abriss- und Entsorgungsarbeiten im Rahmen des Totalabbruchs eines Schulgebäudes i.H.v. 94.903,10 EUR geltend gemacht. Die Beklagte hat unter Berufung auf Gewährleistungsrechte widerklagend die Zahlung von 77.228,63 EUR begehrt. Der Rechtsstreit ist durch einen im Berufungsverfahren vor dem OLG Naumburg am 14.12.2011 gerichtlich protokollierten Vergleich beendet worden. Nach der darin getroffenen Kostenregelung sind die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden.

Mit Schriftsatz vom 18.4.2011 hat die Klägerin einen Kostenausgleich beantragt, den sie mit einem am 30.1.2012 beim LG eingegangenen Schriftsatz auf die Ausgleichung des von der Klägerin in I. Instanz gezahlten Gerichtskostenvorschusses i.H.v. 5.217 EUR umgestellt hat.

Mit ihrem Beschluss vom 15.2.2012 hat die Rechtspflegerin des LG Magdeburg die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Gerichtskosten auf einen Betrag i.H.v. 1.822,03 EUR nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 14.12.2011 festgesetzt. Dabei hat sie in Ansatz gebracht, dass die Gerichtskosten in I. Instanz insgesamt 4.166,50 EUR betragen haben, von denen jede Partei 50 % zu tragen hat, und dass die Klägerin durch ihre Zahlungen i.H.v. 3.905,28 EUR den festgesetzten Betrag zuviel entrichtet habe.

Gegen diesen, ihr am 20.2.2012 zugestellten Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 22.2.2012. Sie meint, dass sie als Kommune nach § 2 Abs. 5 S. 2 GKG i.V.m. § 7 JKostG LSA Kostenfreiheit genieße

Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Gebührenfreiheit i.S.v. § 2 GKG nicht vorliege, auch nicht unter Berücksichtigung der Regelung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA. Sie hat die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

B. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, es ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

I. Allerdings hat das LG zu Recht darauf verwiesen, dass nach den bundesrechtlichen Regelungen, insbesondere § 2 Abs. 1 GKG, nur der Bund und die Länder von der Zahlung der Gerichtskosten befreit sind, nicht die Kommunen.

II. Nach § 2 Abs. 3 S. 2 GKG sind jedoch weiter landesrechtliche Regelungen zur Kostenfreiheit zu berücksichtigen, hier insbesondere die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA, wonach Kommunen von der Zahlung von Gerichtsgebühren befreit sind, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betrifft. Der streitgegenständliche öffentliche Bauauftrag der beklagten Kommune betraf sie selbst in Ausübung einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit.

1. Im vorliegenden Fall betrifft die Angelegenheit schon kein wirtschaftliches Unternehmen einer privilegierten Kommune i. S. einer Eigenpersönlichkeit, sondern die Kommune selbst. Die Beklagte ist unmittelbare Vertragspartnerin des Bauvertrages geworden. Als Unternehmen werden regelmäßig nur Einrichtungen verstanden, die aus der allgemeinen Verwaltung ausgegliedert sind und in einem bestimmten Umfang eine eigenständige Verwaltungs- und Wirtschaftsführung erfordern.

2. Nach der Rechtsprechung des OLG Naumburg und auch des erkennenden Senats ist zudem sachliche Voraussetzung für die Ausnahme von der Kostenbefreiung, dass die Unternehmensführung zumindest nach wirtschaftlichen Maßstäben erfolgt oder sogar der Gewinnerzielung dient und mit ihr keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nichtwirtschaftlicher Art verfolgt wird (vgl. OLG Naumburg, Beschlüsse vom 1.8.2000 - 1 U 77/99, JMBl. LSA 2000, 261 sowie vom 10.8.2000 - 1 U 154/99 [Kreiskrankenhaus], vom 3.5.2004 - 1 Verg 2/02 sowie vom 23.8.2010 - 10 Wx 9/09 [Abwasserzweckverband]; und vom 9.1.2012 - 2 W 90/10 [Eigenbetrieb Kommunales Gebäudemanagement], BauR 2012, 997 - alle zitiert nach juris). Eine gewinnorientierte bzw. an wirtschaftlichen Maßstäben ausgerichtete Zielstellung der streitgegenständlichen Bau(herren)tätigkeit der Beklagten ist hier nicht ersichtlich.

C. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Kostenwerts des Beschwerdeverf...

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