Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 15.08.1995; Aktenzeichen 2 T 174/95) |
AG Weißenfels (Aktenzeichen 60 43 9 83) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 15. August 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung, auch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Landgericht Halle zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Verfähren der weiteren Beschwerde wird auf 250.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Erblasser war in zweiter Ehe mit Frau … verheiratet. Aus dieser Ehe ist eine Tochter, die Beteiligte zu 1), hervorgegangen. Der Erblasser und seine zweite Ehefrau „hatten gemeinsam” (so der landgerichtliche Beschluß S. 2) einen Kleingarten sowie ein Hausgrundstück in der … in … Die zweite Ehe des Erblassers wurde geschieden. Nach der Scheidung unterzeichneten der Erblasser und seine geschiedene Ehefrau am 15.07.1978 ein privatschriftliches Dokument, wonach die Ehefrau auf ihren Anteil an dem Kleingarten zu Gunsten des Erblassers, dieser wiederum zu Gunsten seiner geschiedenen Ehefrau auf seinen Anteil an dem Hausgrundstück verzichtete.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde „noch im Jahre 1978 …. dann zu Gunsten der Stadt … auf das Eigentum verzichtet”. Dadurch falle „jetzt ein Anspruch nach dem VermG auf Rückübertragung des Anwesens in den Nachlaß”.
Der Erblasser lebte seit 1978 mit der Beteiligten zu 2) in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Er verfaßte am 16.08. und 03.09.1993 zwei eigenhändig ge- und unterschriebene letztwillige Verfügungen. Die erste lautet wie folgt:
„Erklärung:
Auf Grund meines derzeitigen Gesundheitszustandes, möchte ich einige Angelegenheiten in Bezug auf den Garten der „Gesundheitspflege” Nr. 120 treffen. Sollte mit mir mal etwas sein bitte ich den Vorstand, den Garten meiner Lebenskameradin … geb. 15.8.1936 zu überschreiben. Sollte das nicht gehen, so erhält sie den gesamten Erlös des Gartens. Diese Erklärung erfolgt freiwillig.”
Die zweite hat folgenden Wortlaut:
„Willenserklärung
Hiermit erkläre ich im Vollbesitz meines geistigen Zustandes, daß bei meinem Ableben, meiner Lebensgefährtin … geb. 15.8.1936, den Garten 120 „Gesundheitswesen” mit allem Inventar gehört. Sollte der Vorstand nicht damit einverstanden sein, den Erlös des Gartens Frau … zu übertragen.”
Außerdem unterzeichnete der Erblasser am 25.08.1983 folgende maschinenschriftliche „Willenserklärung:
Hiermit erkläre ich im Vollbesitz meines geistigen Zustandes, daß bei meinem Ableben meine Lebensgefährtin …, geb. am 15.08.1936, der von mir von der Gartenanlage „Gesundheitswesen” erworbene Garten Nr. 120 mit allem Inventar gehört. Den Vorstand der Gartenanlage bitte ich, meiner Lebensgefährtin, die selbst Mitglied der Gartenanlage ist, den Garten zur weiteren Nutzung zu übertragen. Sie übernimmt gleichzeitig, entsprechend dem bestehenden Statut, alle Rechten und Pflichten. Da ich außer dem Garten keine Erbmasse hinterlasse, soll der Garten eine kleine Entschädigung für die viele Mühe sein, die Sie mir erwiesen hat.”
Am 31.10.1983 erteilte das Staatliche Notariat … der Beteiligten zu 2) einen Erbschein dahingehend, daß sie alleinige testamentarische Erbin des Erblassers sei.
Mit Schriftsatz vom 10.06.1994 beantragte die Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht – Nachlaßgericht – Weißenfels die Einziehung dieses Erbscheines, weil es sich bei der Erklärung des Erblassers vom 03.09.1983 nicht um eine Erbeinsetzung, sondern um eine Schenkung auf dem Todesfall, allenfalls um die Anordnung eines Vermächtnisses zu Gunsten der Beteiligten zu 2) gehandelt habe. Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit Beschluß vom 11.05.1995 zurück und half der hiergegen von der Beteiligten zu 1) eingelegten Beschwerde nicht ab.
Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Der Erblasser habe aus seiner Sicht mit der Zuwendung des Kleingartens an die Beteiligte zu 2) über seinen einzigen wesentlichen Vermögensgegenstand verfügt. Die Verfügung sei daher als Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) auszulegen. Eine abweichende – ergänzende – Testamentsauslegung aufgrund des Umstandes, daß der vom Erblasser für verloren angesehene Anteil an dem Hausgrundstück in … nunmehr nachträglich in die Erbmasse falle, sei nicht möglich, da dieser Umstand erst nach dem Erbfall eingetreten sei. Selbst wenn aber auch in einem derartigen Falle eine ergänzende Testamentsauslegung zulässig wäre, würde diese zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn es sei lebensfremd anzunehmen, daß der Erblasser, hätte er gewußt, daß sein Anteil an dem Hausgrundstück nicht endgültig verloren sei, nicht zu Gunsten seiner ihm nahestehenden Lebensgefährtin, sondern zu Gunsten seiner früheren Ehefrau verfügt hätte.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) ist zulässig (§§ 27, 29, 20 FGG). Es führ...