Verfahrensgang
LG Dessau (Entscheidung vom 21.03.2006; Aktenzeichen 7 Ns 310/05) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dessau vom 21. März 2006 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dessau zurückverwiesen.
Gründe
Die Strafrichterin des Amtsgerichts Wittenberg hat den Angeklagten am 12. September 2005 wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Geldstrafe von einhundert Tagessätzen zu je 5 EUR verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Dessau dieses Urteil im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und auf eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 5 EUR erkannt. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt.
Die Revision ist zulässig ( §§ 333, 341 Abs. 1, 344 f. StPO) und bereits mit der Sachrüge begründet ( §§ 337 Abs. 1 und 2, 353 Abs. 1 und 2, 354 Abs. 2 StPO).
Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden Bedenken. Straferschwerend hat es vor allem gewertet, dass der Angeklagte "mit Hilfe der Angabe falscher Personalien seine Identität gegenüber der Ausländerbehörde über einen nicht unerheblichen Zeitraum von fast zwei Jahren verschleiert" habe, "um hierdurch seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland weiter zu ermöglichen." Falsche Angaben mit dem Ziel, auf das Asylverfahren einzuwirken, sind indes nicht strafbar und lassen nicht ohne weiteres auf eine rechtsfeindliche Gesinnung, auf erhebliche kriminelle Energie oder ein gesteigertes Maß an Pflichtwidrigkeit schließen. Darüber hinaus lassen die Ausführungen des Landgerichts zu der mit Urteil vom 6. November 2003 verhängten Strafe für eine Tat aus dem Jahr 2003 befürchten, dass auch diese Tat straferschwerend berücksichtigt wurde, obwohl sie nach den Ausführungen des Landgerichts nach "dem hier in Rede stehenden Tatzeitpunkt" begangen wurde. Unter diesen Umständen konnte die Strafe jedoch keine Warnwirkung entfalten, über die der Angeklagte sich hätte hinwegsetzen können.
Zum weiteren Verfahren merkt der Senat an:
Die Wirksamkeit der Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch begegnet Bedenken. Die Beschränkung einer Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist zwar grundsätzlich möglich, setzt aber voraus, dass die Schuldfeststellungen des Amtsgerichts eine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung bilden. Hieran fehlt es.
Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 271 Abs. 1 StGB muß der Täter bewirken, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind. Soweit eine öffentliche Urkunde errichtet wurde, sind allerdings nicht in jedem Falle sämtliche dort erwähnten Erklärungen oder Tatsachen vom Schutzbereich des § 271 Abs. 1 StGB umfasst. Entscheidend ist, ob gerade auch die inhaltlich falsch aufgezeichneten Umstände nach der Verkehrsanschauung unter Berücksichtigung des der Beurkundung zugrunde liegenden Gesetzes von der erhöhten Beweiswirkung erfaßt sind (BGHSt 22, 201; 26, 9). Dies setzt voraus, daß die fragliche Tatsache mit der Urkunde gegenüber jedermann bewiesen werden kann (BayObLG NJW 1990, 655).
Im Dezember 2002 galt für die Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung § 63 AsylVfG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Januar 2002 (BGBl. I S. 361), der in Absatz 5 über § 56 a AuslG auf § 39 Abs. 1 AuslG, jeweils in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung verweist. § 39 Abs. 1 Nr. 10 AuslG sieht einen Hinweis darauf vor, daß die Personalangaben nur auf den eigenen Angaben des Ausländers beruhen. Das - allerdings erst im BGBl. I 2004 S. 3023 vom 2. Dezember 2004 veröffentlichte - Vordruckmuster einer "Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens" enthält diesen Hinweis mit folgendem Text: "Die Angaben zur Person beruhen auf den eigenen Angaben der Inhaberin/des Inhabers. Ein Identifikationsnachweis durch Originaldokumente wurde nicht erbracht." Geht aber durch einen solchen Hinweis aus der Urkunde selbst hervor, daß dort aufgenommene Daten allein auf nicht nachgewiesenen Angaben des antragstellenden Inhabers beruhen, genießen sie keinen öffentlichen Glauben. Für sie wird die erhöhte Beweiswirkung, die einer öffentlichen Urkunde zukommt, gerade nicht beansprucht. Dem steht nicht entgegen, daß die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung nach § 63 AsylVfG in der seit dem 1. Juli 1993 geltenden und von der am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Regelung abgelösten Fassung als öffentliche Urkunde auch über die darin vermerkten Persona...