Leitsatz (amtlich)
Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen umfasst das gesamte Strafverfahren und gilt auch noch nach Erlass eines Urteils.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 12.01.2009) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Angeklagten wird der Beschluss der 8. kleinen Strafkammer des Landgericht Magdeburg vom 12. Januar 2009, mit dem der Haftbefehl des Amtsgericht Halberstadt vom 22. Dezember 2007 in der Fassung des Beschlusses des Landgericht Magdeburg vom 23. Oktober 2008 aufrecht erhalten wurde, aufgehoben.
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Halberstadt vom 22. Dezember 2007 (Az.: Ber 65/07) in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Magdeburg vom 23. Oktober 2008 w d aufgehoben.
Gründe
Die Angeklagte wurde in dieser Sache am 22. Dezember 2007 vorläufig festgenommen und befand sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Halberstadt vom 22. Dezember 2007 (Az.: Ber 65/07), der auf den dringenden Tatverdacht der Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung und den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt ist, zunächst von diesem Tage an bis zum 20. August 2008 in Untersuchungshaft. Der mit Beschluss des Amtsgerichts - Schöffengericht - Halberstadt vom 05. Februar 2008 (Az.: 3 Ls 2/8) ergänzte Haftbefehl wurde mit Beschluss der 8. kleinen Strafkammer des Landgerichts Magdeburg vom 20. August 2008 (Az.: 28 Ns 99/08) gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Seit dem 24. Oktober 2008 befindet sich die Angeklagte aufgrund des in anderer Sache ergangenen Haftbefehls des Amtsgerichts Halberstadt vom 22. Oktober 2008 (Az.: 3 Gs 446/08) erneut in Untersuchungshaft. Aufgrund des in jener Sache ergangenen Haftbefehls hat die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Magdeburg mit Beschluss vom 23. Oktober 2008 den zuvor mit Beschluss vom 20. August 2008 außer Vollzug gesetzten Haftbefehl in dieser Sache wieder in Vollzug gesetzt.
Während des Vollzugs der Untersuchungshaft hat das Amtsgericht - Schöffengericht - Halberstadt gegen die Angeklagte mit Urteil vom 24. April 2008 (Az.: 3 Ls 816 Js 86786107 - 2108) wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tatmehrheit mit Nötigung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Angeklagten hat die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Magdeburg mit Urteil vom 12. Januar 2009 (Az.: 28 Ns 99/08) verworfen. Mit Beschluss vom selben Tage hat das Landgericht Magdeburg den Haftbefehl des Amtsgerichts Halberstadt vom 22. Dezember 2007 in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Magdeburg vom 23. Oktober 2008 aufrecht erhalten. Das Urteil ist aufgrund der dagegen eingelegten Revision der Angeklagten nicht rechtskräftig.
Der gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 12. Januar 2009 gerichteten Beschwerde der Angeklagten mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 02. März 2009 hat das Landgericht am selben Tage nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hat mit bei dem Senat am 18. März 2009 eingegangener Antragsschrift vom 17. März 2009 beantragt, die Beschwerde der Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde der Angeklagten hat Erfolg.
Soweit gegen die Angeklagte aus den Gründen des nicht rechtskräftigen Berufungsurteils dringender Tatverdacht und zudem der Haftgrund der Fluchtgefahr bestehen, sind der angefochtene Beschluss sowie der Haftbefehl dennoch aufzuheben, weil ein erneuter Vollzug der Untersuchungshaft wegen Verletzung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebotes unverhältnismäßig ist (§ 120 Abs. 1 S. 1 StPO).
Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen umfasst das gesamte Strafverfahren (BVerfG, Beschluss vom 22.02.2005 - 2 BVR 109/05 -: BVerfG. Beschluss vom 29.12.2005 - 2 BVR 2057105 -). An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert (vgl. BGHSt 38, 43; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.08.1982 - 1 Ws 607182 -; Senat , Beschluss vom 07. November 2006 - 1 Ws 533/06 -). Dabei kann - je nach Sachlage - bereits eine vermeidbare Verfahrensverzögerung von rund zwei Monaten mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen unvereinbar sein (vgl. BVerfG a. a. C.; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.04 1992 -- 1 HEs 14/92-; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 07 03.1985 - 2 Ws 90185 H -; OLG Köln. Beschluss vom 18.08.1992 - HEs 13E/92 -; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.04.2000 StV 2000 515 Senat. Beschluss vom 19. Mai 2008 - 1 Ws 294108 - m. w. Nachw.)
So liegt es hier. Zwar ist das Urteil des Schöffengerichts Halberstadt vom 24. April2008 etwa vier Monate nach Inhaftierung des Angeklagte und damit ohne Verletzung des Beschleunigungsgebots ergangen. Das schriftliche UrteiI des Amtsgerichts wurde der Staatsanwaltschaft auf de Verfügung des Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 06. Mai 2008 jedoch erst einen Monat nach Er...