Leitsatz (amtlich)
Wird mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG die Verlegung in ein anderes Bundesland betrieben, prüft die Strafvollstreckungskammer nicht, ob die notwendigen Willenserklärungen des Aufnahmelandes bereits vorliegen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 13.05.2011; Aktenzeichen 50 StVK 111/11) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 13. Mai 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Der Streitwert entspricht der Gebührenstufe bis 2.000,00 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller betreibt mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Verlegung aus dem Maßregelvollzug Sachsen-Anhalts nach Nordrhein-Westfalen, wohin zwischenzeitlich seine Familie verzogen ist.
Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag mit Beschluss vom 13. Mai 2011 abgelehnt, weil es bisher an der Zustimmung der aufnehmenden Verwaltung fehle. Gegen diese, ihm am 23. Mai 2011 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der am 16. Juni 2011 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Landgerichts eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde mit Erfolg.
II. Die form- und fristgerecht erhobene und zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zulässige Rechtsbeschwerde (§§ 138 Abs. 3; 116 Abs. 1; 118 StVollzG) führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Beschlusses vom 13. Mai 2011 und zur Zurückverweisung (§§ 116 Abs. 2; 119 Abs. 2, Abs. 4 Sätze 1 u. 3 StVollzG). Die Begründung, mit der die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 116 Abs. 2 StVollzG).
Das Verlegungsgesuch des Antragstellers ist nach § 5 Abs. 2 MVollzG LSA i.V.m. §§ 26 Abs. 2; 53 Abs. 2 Nr. 1; 1 Abs. 1 StVollstrO LSA zu behandeln. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, der nach §§ 138 Abs. 3; 109 ff. StVollzG gerichtlich durchsetzbar ist (vgl. auch §§ 109 Abs. 2; 115 Abs. 5 StVollzG). Soll die Verlegung in ein anderes Bundesland erfolgten, so bedarf es neben der Einwilligung der Aufsichtsbehörde und der Vollstreckungsbehörde Sachsen-Anhalts einer Einigung der obersten Vollzugsbehörden beider Länder (§§ 5 Abs. 2; 3 Abs. 5 MVollzG LSA und §§ 26 Abs. 2 Satz 3; 53 Abs. 2 Nr. 1 StrVollstrO LSA). Die dazu notwendige Willenserklärung des Aufnahmelandes ist nach wohl herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, nicht im Verfahren nach §§ 109 ff. StrVollzG zu erreichen, sondern durch gerichtliche Entscheidung im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG (BGH NStZ-RR 2002, 26, 27; OLG Stuttgart NStZ 1997, 103; OLG Frankfurt NStZ-RR 2006, 253 f.; KG NStZ-RR 2007, 124 f.; OLG Schleswig NStZ-RR 2008, 126; OLG Bamberg, Beschluss vom 18. Februar 2010, 1 Ws 45/10; a.A. Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 8 Rdn. 11 m.w.N.). Aus diesem Grund hat die Strafvollstreckungskammer die Einigung der obersten Vollstreckungsbehörden nicht zu prüfen. Diese ist nicht Gegenstand des Verfahrens über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Ablehnung einer Verlegung durch das Land Nordrhein-Westfalen muss der Antragsteller ggf. in einem weiteren Verfahren dort gerichtlich überprüfen lassen. Hier geht es nur um die Mitwirkung der Einrichtung, der Aufsichts- und der Vollstreckungsbehörde.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- Das Landgericht zeigt den Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht auf. Ein Verpflichtungsantrag des Antragstellers würde die ablehnende Entscheidung der Einrichtung und im obligatorischen Verwaltungsvorverfahren (vgl. § 41 MVollzG LSA) - das nicht durch rügeloses Einlassen entbehrlich wird (OLG Hamburg NStZ-RR 2000, 94) - einen abschlägigen Beschwerdebescheid der Leiterin oder des Leiters der Einrichtung voraussetzen (vgl. §§ 109 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1; 138 Abs. 1 StVollzG u. § 41 MVollzG LSA). Hierfür ist nichts ersichtlich (vgl. auch § 115 Abs. 2 StVollzG).
Ansonsten müsste das Begehren des Antragstellers auf Vornahme ggf. zugleich auf Verpflichtung gerichtet sein (vgl. §§ 109 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2; 113 StVollzG), was zunächst erst einmal einen Antrag des Antragstellers auf Verlegung voraussetzt, den das Landgericht nicht feststellt. In diesem Fall käme es auf ein Verwaltungsvorverfahren nicht an (vgl. § 75 VwGO; OLG Hamm, Beschluss vom 17. September 1992, 1 Vollz (Ws) 144/92; OLG Hamburg, Beschluss vom 25. Januar 2005, 3 Vollz (Ws) 138/04; Arloth, § 109 Rdn. 15, § 113 Rdn. 1).
- Die Feststellung des Landgerichts, die Antragsgegnerin würde bei der Verlegung mitwirken, mithin mit ihr einverstanden sein, folgt nicht aus der Verweisung auf das Schreiben vom 1. April 2011 (vgl. zur Aufklärungspflicht der Strafvollstreckungskammer BVerfG NStZ-RR 2009, 218). Vielmehr ergibt sich aus der Stellungnahme der Antragsgegnerin eine auf den bisherigen Therapieverlauf verweisende deutl...