Normenkette

StGB § 266 Abs. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Entscheidung vom 21.07.2021; Aktenzeichen 28 Ns 77/21)

AG Magdeburg (Entscheidung vom 04.04.2021; Aktenzeichen 13 Ls 551 Js 3528/16 (545/19)

 

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 21. Juli 2021 (28 Ns 551 Js 3528/16 (77/21)) mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Magdeburg hat den Angeklagten am 4. Februar 2021 wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt (Az. 13 Ls 551 Js 3528/16 (545/19)).

Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Magdeburg durch Urteil vom 21. Juli 2021 verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen. II.

Die zulässige Revision hat Erfolg.

1. Nach den getroffenen Feststellungen nahm der Angeklagte als geschäftsführender Alleingesellschafter der V. GmbH (V.) im Jahr 2012 bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB) ausschließlich zur Vorfinanzierung des Zuschusses aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und der Investitionszulage für 2013/2014 ein Darlehen über 4.619.000,00 Euro auf.

In dem Darlehensvertrag vereinbarte der Angeklagte in seiner Funktion als geschäftsführender Alleingesellschafter der V. mit der IB, dass der von der V. bei dem zuständigen Finanzamt einzureichende Investitionszulagenantrag 2013/2014 mit einer Zahlungsanweisung zugunsten der IB zu verbinden war, nach welcher das Finanzamt unwiderruflich angewiesen wurde, die dem Anspruchsberechtigten gewährte Investitionszulage in der festgesetzten Höhe, maximal 1.100.600,00 Euro, auf ein im Vertrag konkret benanntes Konto zu überweisen. Die V. hatte ferner unverzüglich nach Antragstellung beim Finanzamt eine gleichlautende schriftliche Anweisungserklärung im Original sowie eine Kopie des Zulassungsantrages bei der IB einzureichen. Sofern das Finanzamt die Zahlungsanweisung nicht beachten und die Investitionszulage an den Darlehensnehmer - die V. zahlen würde, sollte dies unverzüglich der IB angezeigt und die Investitionszulage in Höhe von bis zu 1.100.600,00 Euro zur vorzeitigen Tilgung des Darlehens durch Überweisung an die IB verwendet werden.

Das Darlehen wurde in voller Höhe ausgezahlt. Entgegen der Vereinbarung im Darlehensvertrag gab der Angeklagte in dem von ihm für die V. am 24 Juli 2014 unterzeichneten Investitionszulagenantrag gegenüber dem Finanzamt ... an, die Investitionszulage sei auf sein, dem Finanzamt benanntes, Konto zu überweisen, was am 3. September 2014 in Höhe von 1.052.456,55 Euro geschah. Auch an die weiteren, oben aufgeführten, mit der IB getroffenen Vereinbarungen hielt sich der Angeklagte nicht; vielmehr gab er bereits am 12. August 2014 auf Nachfrage gegenüber einem Mitarbeiter der IB an, er könne keine konkreten Angaben zu dem Sachstand des Antrages auf Bewilligung der Investitionszulage machen. Ferner verschwieg er in einem Schreiben an die IB am 11. September 2014, dass die Investitionszulage an die V. ausgezahlt worden war.

In der Zeit vom 5. September bis zum 15. Oktober 2015 verfügte der Angeklagte vollständig über die Investitionszulage. Die IB konnte nachfolgend Erlöse aus der Verwertung der bei Abschluss des Darlehensvertrages gewährten Sicherheiten nicht erzielen, weshalb das Landgericht einen Schaden der IB in Höhe der an die V. ausgezahlten Investitionszulage angenommen hat.

2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB nicht.

(1) Die Verwirklichung des hier allein in Betracht kommenden und vom Landgericht angenommenen Treuebruchtatbestandes des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB durch den Angeklagten setzt ein Treueverhältnis gehobener Art mit Pflichten von einigem Gewicht voraus, die nicht in allen Einzelheiten vorgegeben sind (vgl. BGH NStZ 1983, 455). Der wesentliche Inhalt eines solchen Treueverhältnisses muss bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise vornehmlich die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen sein. Außerhalb der Grenzen der strafbaren Untreue liegen solche Schuldverhältnisse, die nicht fremdnützig typisiert sind, sondern dadurch charakterisiert werden, dass fremde Vermögensinteressen auf eigene gegenläufige treffen und dass jeder Vertragsteil die Beziehung zum anderen nur um des eigenen Vorteils willen anknüpft und verfolgt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. Dezember 1988 - 1 Ws 943/88 -, juris).

Bei Darlehensverhältnissen oder sonstigen Kreditvereinbarungen ist der Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich nicht treupflichtig (vgl. BGH, Beschluss vom 20. August 2019 - 2 StR 381/17 -, juris m.w.N.). Denn der Darlehensnehmer handelt...

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