Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch des volljährigen Kindes gegen den Elternteil, der keinen Unterhalt leistete und gleichwohl das staatliche Kindergeld bezog
Leitsatz (amtlich)
Leistet kein Elternteil Unterhalt an den Volljährigen, wird das Kindergeld aber an einen Elternteil ausgezahlt, vermag ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch nicht entstehen.
Das Kind kann weder aus ungerechtfertigter Bereicherung noch aus Deliktsrecht die Weiterleitung/Auszahlung des Kindergeldes an sich gegen den Elternteil geltend machen.
Liegen die Voraussetzungen nach § 1 BKGG vor, richtet sich der Anspruch gegen die Kindergeldkasse.
Normenkette
BGB §§ 812, 823; BKGG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 04.11.2005; Aktenzeichen 28 F 2126/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Halle-Saalkreis vom 4.11.2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten seiner Beschwerde zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der am 17.3.1987 geborene Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage gegen seine Mutter auf Weiterleitung des ihr in dem Zeitraum von Januar bis Juni 2005 ausgezahlten Kindergeldes. Der Mutter ist mit Beschluss des AG Halle-Saalkreis vom 28.1.2004 die elterliche Sorge entzogen worden. Der Antragsteller befindet sich seit Dezember 2003 in Haft. Das AG Halle-Saalkreis hat mit Beschluss vom 4.11.2005 den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgs-aussichten abgelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 1.12.2005. Der Antragsteller meint, ihm stehe ein auf Schadensersatz gestützter Anspruch aus unerlaubter Handlung zu, da die Antragsgegnerin weder dem Amtsvormund mitgeteilt habe, dass sie das staatliche Kindergeld beziehe, noch ggü. der Kindergeldkasse angezeigt habe, dass sich der Antragsteller nicht mehr in ihrem Haushalt aufhalte.
Die sofortige Beschwerde ist zwar zulässig (§§ 127, 567, 569 ZPO), sachlich aber nicht gerechtfertigt. Dem Antragsteller steht gegen seine Mutter kein Anspruch auf Zahlung des von ihr bezogenen Kindergeldes zu.
Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch, der von dem Vater auf den Antragsteller übergegangen sein könnte, scheitert - worauf das AG zutreffend hingewiesen hat - bereits daran, dass weder die Kindesmutter noch der Kindesvater dem Antragsteller in dem antragsrelevantern Zeitraum Unterhalt gewährt haben.
Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB steht entgegen, dass die Antragsgegnerin das Kindergeld nicht durch eine Leistung des Antragstellers, sondern durch eine Leistung der Familienkasse erhalten hat. Eine Klageerhebung ließe sich auch nicht als Genehmigung i.S.d. § 816 BGB deuten, da diese die fehlenden Erteilungsvoraussetzungen für den Kindergeldbezug durch den Antragsteller nicht beseitigt.
Schließlich hat der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB. Auf die Frage, ob die einzelnen Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes und des Einkommenssteuergesetzes Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB sind, kommt es nicht an. Es fehlt bereits an einem Schaden des Antragstellers. Soweit der Antragsteller die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld in seiner Person gem. § 1 Abs. 2 BKGG erfüllt, obliegt es ihm, diesen Anspruch ggü. der Familienkasse zu verfolgen. Dieser Anspruch wird durch etwaige unberechtigte Zahlungen der Familienkasse an einen Eltern-teil nicht berührt. Einen Anspruchsübergang sieht das Gesetz nicht vor.
Da die sofortige Beschwerde erfolglos bleibt, hat der Antragsteller die Gerichtskosten nach § 97 Abs. 1 ZPO, GKG - Anlage 1, KV-Nr. 1811 zu tragen; im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1508782 |
FamRZ 2006, 1276 |
NJW-RR 2006, 1154 |
JAmt 2006, 309 |
OLGR-Ost 2006, 579 |
www.judicialis.de 2005 |