Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz des gesetzlichen Richters i. V. m. dem grundrechtlich geschützten Anspruch des Angeklagten auf besondere Beschleunigung des Verfahrens gebietet es, dass die Strafkammer über einen Haftprüfungsantrag des Angeklagten während unterbrochener Hauptverhandlung stets in der für außerhalb der Hauptverhandlung vorgesehenen Besetzung entscheidet.
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss der 8. großen Strafkammer des Landgerichts Halle vom 08. Mai 2001,
mit dem das Landgericht den Haftbefehl des Amtsgerichts Hettstedt vom "31. 12. 1998" - richtig: 30. 12. 1998 - neu gefasst und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet hat,
wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft Halle vom 17. 05. 1999 (Az. : 461 Js 1328/99) bei der Neufassung entfällt.
Gründe
Am 30. Dezember 1998 erließ das Amtsgericht Hettstedt gegen den Angeklagten Haftbefehl (Az. : 1 Gs 117/98) wegen dringenden Tatverdachts der Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie Körperverletzung. Der auf die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr gestützte Haftbefehl wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hettstedt vom 08. Januar 1999 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, ohne dass sich der Angeklagte zuvor in dieser Sache in Untersuchungshaft befand. Nach Anklageerhebung aufgrund des dem Haftbefehl zugrundeliegenden Vorwurfes setzte die 3. große Strafkammer des Landgerichts Halle den Haftbefehl mit Beschluss vom 01. Juli 1999 wegen Verstosses gegen die Meldeauflagen aus dem Haftverschonungsbeschluss vom 08. Januar 1999 und wegen Erhebung einer weiteren Anklage der Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf des Verstosses gegen das Waffengesetz in Vollzug. Mit Beschluss vom 19. Juli 1999 verschonte die 3. große Strafkammer des Landgerichts Halle den Angeklagten erneut vom Vollzug der Untersuchungshaft. Dieser Beschluss wurde mit Beschlüssen der zwischenzeitlich zuständig gewordenen 8. großen Strafkammer des Landgerichts Halle vom 15. August 2000 und 18. Januar 2001 jeweils hinsichtlich der erteilten Meldeauflage abgeändert.
Während des - derzeit noch nicht abgeschlossenen - Hauptverfahrens, welches die weiteren Anklagen der Staatsanwaltschaft vom 05. November 1998, 09. August 1999 und 20. September 1999 sowie den Strafbefehl des Amtsgerichts Hettstedt vom 10. Mai 1999 mit den Vorwürfen der Unterschlagung, der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung, der Vergewaltigung, des unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in Tateinheit mit unerlaubten Betreibens einer Anlage und des Hausfriedensbruchs zum Gegenstand hat, ordnete die 3. große Strafkammer des Landgerichts Halle im Hauptverhandlungstermin am 11. April 2001 den Vollzug des Haftbefehls des Amtsgerichts Hettstedt vom 30. Dezember 1998 an. Seit dem befindet sich der Angeklagte in dieser Sache erneut in Untersuchungshaft.
Auf den durch die Verteidigung schriftlich gestellten Haftprüfungsantrag des Angeklagten hat die Strafkammer im schriftlichen Haftprüfungsverfahren - in der Besetzung mit drei Berufsrichtern - mit Beschluss vom 08. Mai 2001 den Haftbefehl nach Maßgabe der anhängigen Anklagen neu gefasst und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten, der die Strafkammer mit Beschluss vom 29. Mai 2001 nicht abgeholfen hat.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 304 Abs. 1 StPO), hat jedoch in der Sache keinen durchgreifenden Erfolg.
Die Strafkammer war bei Fassung ihrer Beschlüsse vom 08. und 29. Mai 2001 richtig besetzt. Über den Haftprüfungsantrag des Angeklagten war während der unterbrochenen Hauptverhandlung ohne Beteiligung der Schöffen zu entscheiden. Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, eine Unterbrechung der Hauptverhandlung führe nicht dazu, dass erforderliche Entscheidungen des Gerichts als solche außerhalb der Hauptverhandlung angesehen werden müssten (Dehn NStZ 1197, 607 ff. ; Siegert NStZ 1998, 421 ff. ; Schlothauer StV 1998, 144 ff. ; Kunisch StV 1998, 687 ff. ), jedenfalls in Fällen, in denen die Anträge zur Haftfrage in der Hauptverhandlung gestellt wurden (OLG Düsseldorf StV 1984, 159; OLG Köln NStZ 1988, 419 ff. ), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Vielmehr gebietet es der Grundsatz des gesetzlichen Richters i. V. m. dem grundrechtlich geschützten Anspruch des Angeklagten auf besondere Beschleunigung des Verfahrens, dass die Strafkammer über einen Haftprüfungsantrag des Angeklagten während unterbrochener Hauptverhandlung stets in der für außerhalb der Hauptverhandlung vorgesehenen Besetzung entscheidet (OLG Hamburg NStZ 1998, 99 f. ; OLG Hamm StV 1998, 388 f. ; Thür. OLG StV 1999, 101; ebenso bei Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Haftbefehls: OLG Schleswig NStZ 1990, 198 f. ; Foth NStZ 1998, 420 f. ; Bertram NJW 1998, 2934 ff. ; differenzierend Katholnigg JR 1998, 34 ff. u. 170 ff. ).
Zuständig für die Entscheidung über den Haftprüfungsantrag des Angeklagten war die 8. große Strafkammer des m...