Leitsatz (amtlich)
1. Die Maßregelvollzugsanstalt darf die einmal erteilte Erlaubnis zum Besitz von Geräten der Unterhaltungselektronik, die nicht über die technischen Voraussetzungen für einen unkontrollierten Datenaustausch oder das Verstecken von Daten verfügen, nicht aufgrund der rein abstrakten Möglichkeit, dass die Geräte in Zukunft für Straftaten nach § 184b StGB in der Anstalt verwendet werden könnten, einem - insoweit noch nie aufgefallenen - Untergebrachten wieder entziehen und zur Habe nehmen.
2. Bei einer Übertragung der Aufgaben nach dem Maßregelvollzugsgesetz im Wege der Beleihung dürfen die vom Gesetz ermöglichten Beschränkungen nur von denjenigen angeordnet und vollzogen werden, die hierzu von Gesetzes wegen legitimiert sind.
3. Die Ermöglichung der Privatisierung des Maßregelvollzuges durch § 3 Abs. 1 S. 2 des Maßregelvollzugsgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (MVollzG LSA) begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 24.11.2009; Aktenzeichen 22 Qs 34/09) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 2. großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Magdeburg vom 24. November 2009 wird als unbegründet verworfen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss aufgehoben, soweit der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die 2. Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 600 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin in deren Außenstelle L. zur Vollziehung einer Maßregel nach § 63 StGB untergebracht.
Am 18. März 1997 gründete das Land Sachsen-Anhalt die Antragsgegnerin, die am 27. August 2001 unter der Nummer HRB 112873 in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Stendal eingetragen wurde und ihren Sitz nunmehr in M. hat. Gestützt auf § 3 Abs. 1 S. 2 Maßregelvollzugsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (MVollzG LSA) übertrug das Land Sachsen-Anhalt die Durchführung des Maßregelvollzuges der Antragsgegnerin und übergab ihr den Landesbetrieb des Landeskrankenhauses für Forensische Psychiatrie mit den Betriebsteilen B. und U. .
Bis zum 17. November 2008 war es der Antragstellerin, wie den anderen bei der Antragsgegnerin Untergebrachten gestattet, eine unbeschränkte Anzahl an Datenträgern sowie auch originalverpackte, bespielbare CD- und DVD-Rohlinge zu erwerben oder sich mitbringen zu lassen. Auch der Besitz von DVD-Brennern und sonstigen Abspielgeräten war zugelassen.
Nachdem Anfang November 2008 bei einem der Untergebrachten Missbrauchsabbildungen i. S. d. § 184 b StGB gefunden worden waren, änderte die Antragsgegnerin am 18. November 2008 ihre Hausordnung. Dort ist nunmehr unter Ziffer B III 2 bestimmt, dass private DVD-Abspielgeräte, DVD- und sonstige Videorecorder, Videospielgeräte oder Spielkonsolen mit der Möglichkeit der Speicherung (und) des Abspielens von Videoaufnahmen, insbesondere solche vom Typ Playstation II und III sowie Datenspeichergeräte nicht mehr zugelassen sind, die Nutzung von sonstigen Videospielgeräten der Zustimmung durch die Klinikleitung bedarf, diejenige von Personalcomputer durch Patienten auf der Station nicht gestattet ist und auf Antrag ein privater Fernseher, ein privates Radio, ein Kassettenrecorder oder ein CD-Abspielgerät in den Patientenzimmern genehmigt werden kann.
Am 19. November 2008 stellte die Antragsgegnerin durch nicht näher bezeichnete Mitarbeiter in dem Zimmer der Antragstellerin den von ihr seit dem 1. April 2008 genutzten DVD-Player, den ihr seit dem 6. August 2008 genehmigten MP 3-Player sowie ihre CD‚s und DVD‚s sicher und nahmen sie zur Habe der Antragstellerin.
Am 25. November 2008 hat die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung über die Sicherstellung der genannten Gegenstände beantragt und deren Herausgabe verlangt. Die Antragsgegnerin ist den Anträgen entgegengetreten.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin den DVD-Player und den MP 3-Player auszuhändigen und ihr die Nutzung zu gestatten. Im Übrigen hat das Landgericht den Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Untersagung zur Nutzung von Unterhaltungselektronik sei dann rechtsmäßig, wenn und soweit sie aus Gründen der Behandlung der Antragstellerin oder zum Zwecke des Schutzes der Behandlung anderer Patienten bzw. der Sicherheit und Ordnung erforderlich sei und sich die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit als verhältnismäßig erweise. Dem werde das von der Antragsgegnerin aufgestellte Nutzungsverbot nur teilweise gerecht. Das durch die Hausordnung vom 18. November 2008 verhängte Nutzungsverbot diene zum einen dazu Straftaten, insbesondere solche nach § 184 b StGB, zu verhindern. Zum anderen bezwecke die Antragsgegnerin das im Maßreg...