Leitsatz (amtlich)
1. Hat die Rehabilitierungskammer den Antrag des Betroffenen trotz örtlicher Unzuständigkeit in der Sache abgelehnt, hebt der Rehabilitierungssenat des Oberlandesgerichts diese Entscheidung auf die Beschwerde auf und verwirft den Rehabilitierungsantrag als unzulässig. Eine Verweisung an das zuständige Gericht kommt nicht in Betracht.
2. Der ununterbrochene Aufenthalt in verschiedenen Kinderheimen der DDR stellt einen Sachzusammenhang i. S. v. §§ 8 Nr. 1, 15 StrRehaG und § 13 Abs. 1 StPO dar.
3. Zur Rehabilitierung im Falle der Heimeinweisung durch die DDR-Jugendhilfe.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Entscheidung vom 21.12.2007; Aktenzeichen Reh 5715/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der Kammer für Rehabilitierungsverfahren des Landgerichts Magdeburg vom 21. Dezember 2007, soweit darin über Heimeinweisungen des Betroffenen nach 1966 entschieden wurde, teilweise aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird der Rehabilitierungsantrag des Betroffenen als unzulässig verworfen. Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben; die notwendigen Auslagen des Betroffenen sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Betroffene war nach seiner Darstellung zwischen 1961 und 1972 in verschiedenen Kinderheimen der ehemaligen DDR untergebracht. Ein bereits in Brandenburg betriebenes Rehabilitierungsverfahren betraf die Einweisung in den geschlossenen Jugendwerkhof T. und den vorausgegangenen und sich anschließenden Aufenthalt im Jugendwerkhof Hn. bis April oder Mai 1972. Darüber hinaus begehrte der Betroffene seine Rehabilitierung wegen einer Inhaftierung.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2001 stellte das Landgericht Cottbus die Rechtsstaatswidrigkeit der Inhaftierung für die Zeit vom 26. Oktober 1972 bis zum 10. November 1972 fest. Der weitergehende Antrag wurde zurückgewiesen, wobei das Gericht davon ausging, dass die den Heimaufenthalten zugrunde liegenden Entscheidungen vom Jugendhilfeausschuss H. stammten.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hob den Beschluss des Landgerichts Cottbus am 26. Mai 2003 bezüglich der Unterbringung im geschlossenen Jugendwerkhof T. auf. Insoweit zuständig sei das Landgericht Berlin. Im Übrigen verwarf es die Beschwerde des Betroffenen. Wegen des Aufenthaltes in T. wurde der Betroffene schließlich durch Beschluss des Kammergerichts vom 15. Dezember 2004 rehabilitiert. Die zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung stellte der dortige Senat für Rehabilitierungssachen für den Zeitraum vom 17. September 1971 bis zum 31. Januar 1972 fest.
Am 14. Dezember 2006 ging beim Landgericht Magdeburg ein erneuter Rehabilitierungsantrag des Betroffenen mit nachfolgender Sachverhaltsschilderung ein:
Im Jahre 1961 habe die Jugendhilfe in B. seine Heimerziehung angeordnet und ihn im Kinderheim "E." in M. untergebracht. 1963 sei er in das Kinderheim "W." in Bf. bei Bn. verlegt und 1964 in das Kinderheim "K." in A. bei Mn. gebracht worden. Von dort sei er 1966 in das Aufnahmeheim des Kombinates der Sonderheime zur Beobachtung gelangt. Im Juni 1966 habe man ihn nach H. zur Mutter entlassen.
Gegen den Willen der Mutter sei im Jahre 1967 oder 1968 seine Einweisung in das Kombinat für Sonderheime erfolgt. Nach Aufenthalten in den Heimen W. und Bo. sei er schließlich im Juli 1970, mittlerweile 14-jährig, im Jugendwerkhof Hn. gelandet, von wo aus man ihn auch in den geschlossenen Jugendwerkhof T. verbracht habe. Seine Entlassung sei am 21. April 1972 erfolgt.
Der Betroffene hat im Wesentlichen geltend gemacht, Opfer von Fehlentscheidungen der Jugendhilfe geworden zu sein. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso man die für ihn und seine Mutter untragbaren häuslichen Zustände aufrechterhalten und beide dem häufig betrunkenen und gewalttätigen Vater ausgesetzt habe. Trotz der schließlich Mitte 1959 ausgesprochenen Scheidung habe die Jugendhilfe B. für ihn die Heimerziehung angeordnet, was nur dem Umstand geschuldet gewesen sein könne, dass man sich den vom Vater in Westwährung (monatlich 90,00 DM) geschuldeten Unterhalt habe einverleiben und einer Ausreise der Mutter mit dem Kind nach Westdeutschland vorbeugen wollen. In seinem Leben sei auf Grund eines von verschrobenen Ansichten einzelner oder mehrerer Jugendamtsmitarbeiter geprägten Willküraktes eingegriffen worden, ohne dass dem von ihm oder seiner Mutter gesetzte Ursachen zugrunde gelegen hätten.
Der Heimaufenthalt habe bei ihm zu schweren Schäden geführt. Schon bei seiner ersten Entlassung im Jahre 1966 sei er zu einer normalen Lebensführung nicht mehr in der Lage gewesen. Der Missbrauch in den Heimen, die ständige Zerstörung der Privatsphäre sowie die durch mehrfache Verlegung bedingte Kontaktlosigkeit hätten bereits seelische und körperliche Schäden hinterlassen. Er habe einen ausgeprägten Milieuschaden erlitten.
Die Kammer für Rehabilitierungsverfahren des Landgerichts Magdeburg hat den Antrag des Betroffenen, ihn weg...