Leitsatz (amtlich)
1. Der Wortlaut des § 56 f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB sieht keinen Aufschub der Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung vor, weshalb ein Widerruf erfolgen muss, wenn und sobald das zuständige Gericht vom Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen überzeugt ist (Anschluss an OLG Braunschweig, Beschl. v. 26. September 2011, Ws 280/11 - zitiert nach juris)
2. Aus diesem Grund kann die Entscheidung über den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht bis zum möglicherweise positiven Abschluss einer Suchtbehandlung zurückgestellt werden (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04. Mai 1999, 1 Ws 366/99; OLG Braunschweig a. a. O. - beide zitiert nach juris; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 56 f, Rn. 19).
3. Eine Drogentherapie ist so lange keine tragfähige Grundlage für eine günstige Entscheidung im Rahmen des § 56 f StGB, wie deren Erfolg ungewiss ist. Um ausreichende Gewissheit zu erlangen, muss sie entweder abgeschlossen oder zumindest soweit gediehen sein, dass der Erfolg bevorsteht oder wenigstens konkret absehbar ist.
Verfahrensgang
LG Stendal (Entscheidung vom 13.10.2021; Aktenzeichen 508 BRs 17/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 13. Oktober 2021 (508 BRs 17/18) wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Schönebeck hat den Beschwerdeführer am 8. März 2017, rechtskräftig seit dem 16. März 2017 (Az. 6 Ds 542 Js 31014/16 (106/16)), wegen vorsätzlicher Körperverletzung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
Während der Bewährungszeit hat der Beschwerdeführer eine durch Urteil des Amtsgerichts Schönebeck vom 8. Januar 2018 (Az. 6 Ls 263 Js 3531/17 (24/17)) wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte Freiheitsstrafe von elf Monaten sowie weitere (Rest-)Freiheitsstrafen, deren Aussetzung zur Bewährung widerrufen worden waren (vgl. Vollstreckungsblatt, Bl. 43 f d.BewH), verbüßt.
Nachdem das Amtsgerichts Bernburg mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 27. Mai 2019 gegen den Verurteilten wegen Unterschlagung eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verhängt hatte, hat das mittlerweile für die Bewährungsaufsicht zuständige Landgericht Stendal mit Beschluss vom 11. November 2019 die Bewährungszeit um ein Jahr auf insgesamt vier Jahre verlängert.
Danach ist der Verurteilte erneut straffällig geworden: Durch Urteil vom 6. Mai 2021, rechtskräftig seit dem 20. Mai 2021, hat das Landgericht Magdeburg den Beschwerdeführer wegen versuchter besonders schwerer räuberischen Erpressung in zwei Fällen, Diebstahls in zwei Fällen, versuchten Diebstahls, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet (Az.: 25 KLs 260 Js 43593/20 (3/21)). Die Taten hat der Verurteilte im Zeitraum Mai bis einschließlich November 2020 begangen.
Nach Anhörung des Beschwerdeführers, der sich seit dem 24. August 2021 im Maßregelvollzug in ... befindet, hat das Landgericht Stendal - Strafkammer 8 als auswärtige Strafvollstreckungskammer mit Sitz in Burg - mit Beschluss vom 13. Oktober 2021 die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der sofortigen Beschwerde aus dem Schriftsatz seines Verteidigers vom 22. Oktober 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tage, mit welcher er geltend macht, der durch den Bewährungswiderruf anstehende Vollzug der Freiheitsstrafe sei kontraproduktiv, da es für ihn unerlässlich sei, seine bereits begonnene Therapie erfolgreich und alsbald abzuschließen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 13. Oktober 2021 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die selbe Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal zurückzuverweisen. Das Landgericht habe trotz Kenntnis der begonnenen Therapie weder eine Stellungnahme des Maßregelvollzuges, noch einen der dort behandelnden Ärzte zum bisherigen Verlauf gehört, was nachzuholen sei.
Der Senat hat im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme des Maßregelvollzugs eingeholt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Senat hat den Sachverhalt erneut geprüft und gelangt zum selben Ergebnis wie die Strafvollstreckungskammer. Danach war die bewilligte St...