Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich hat ein Insolvenzverwalter eine vollständige Übersicht über das gegenwärtige Vermögen vorzulegen und eine genaue Aufstellung der angemeldeten und von ihm anerkannten Insolvenzforderungen beizubringen, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, die Zumutbarkeit von Kostenvorschussleistungen der wirtschaftlich Beteiligten selbst beurteilen zu können.
2. Prozesskostenhilfe kann nicht wegen unzureichender Angaben des Insolvenzverwalters versagt werden, wenn diese bereits ausreichen, um zu erkennen, dass die Kostentragung für die wirtschaftlich Beteiligten nicht zumutbar ist. Unzumutbar ist dabei insbesondere die Leistung eines Vorschusses, wenn auch im Falle eine Obsiegens der Vorschuss leistende Gläubiger nur mit einem geringen Ausgleich seiner Forderung rechnen könnte.
3. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO setzt nur die „Unzumutbarkeit” der Vorschussleistung voraus, nicht aber einen Versuch der Partei kraft Amtes, auch im Falle der Unzumutbarkeit einen Gläubiger dazu zu bewegen (überobligatorisch) einen Vorschuss zu leisten. Solches wäre im Übrigen mit der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der Partei kraft Amtes schwerlich zu vereinbaren.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 3 O 335/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Halle vom 3.9.2001 aufgehoben.
Die Sache wird an das LG Halle zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
1. Der Antragsteller hat Prozesskostenhilfe beantragt. Er beabsichtigt, die Antragsgegnerin auf Zahlung von Werklohn i.H.v. 25.287,31 DM in Anspruch zu nehmen. In der Anlage PK 2 zu seinem Prozesskostenhilfeantrag trägt er die Höhe der Massekosten, Masseverbindlichkeiten und liquiden Mitteln vor und versichert die Richtigkeit seiner Angaben. Nach entsprechendem richterlichen Hinweis hat das LG Halle mit Beschluss vom 3.9.2001 den Antrag zurückgewiesen, da der Antragsteller nicht dargetan habe, dass die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO vorlägen. Dem Antragsteller habe oblegen, eine vollständige Übersicht über das gegenwärtige Vermögen vorzulegen sowie eine genaue Aufstellung der angemeldeten und von ihm anerkannten Insolvenzforderungen, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Zumutbarkeit von Vorschussleistungen für die wirtschaftlich Beteiligten selbst zu beurteilen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller vergeblich versucht habe, die Insolvenzgläubiger zur Übernahme von Kosten zu bewegen.
Hiergegen richtet sich der mit Schriftsatz vom 20.9.2001 eingelegte und als „sofortige Beschwerde” bezeichnete Rechtsbehelf, in welchem der Antragsteller ergänzend darlegt, dass derzeit Forderungen von 43 Gläubigern in einer Gesamthöhe von 4.203520,18 DM angemeldet seien, wovon er 75.743,53 DM zur Tabelle anerkannt habe.
2. Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache mit der Maßgabe begründet, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen war [§ 575 ZPO in der zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.); vgl. zur Zurückverweisung im Beschwerdeverfahren auch Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 127 Rz. 38], um diesem Gelegenheit zu geben, die noch ausstehende Prüfung der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nachzuholen.
2.1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. statthaft. Da die angefochtene Entscheidung vor dem 1.1.2002 der Geschäftsstelle des LG übergeben wurde, ist gem. § 26 Nr. 10 EGZPO die Zivilprozessordnung in der am 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden. Sie wurde auch rechtswirksam eingelegt (§ 568 ZPO a.F.). Dem steht die fehlerhafte Bezeichnung als „sofortige Beschwerde” nicht entgegen, da der Wille, die angefochtene Entscheidung anzugreifen, aus dem eingereichten Schriftsatz jedenfalls unzweifelhaft hervorgeht (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 569 Rz. 7).
2.2. In der Sache hat das Rechtsmittel in o.g. Umfange Erfolg. Die Kammer hat den Antrag zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO lägen nicht vor.
2.2.1. Gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO erhält eine Partei kraft Amtes auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Der Kläger kann nach den von ihm versicherten Angaben die Kosten des Rechtsstreites nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufbringen, da diese unzulänglich ist. Dies ist nicht zweifelhaft.
2.2.2. Entgegen der Auffassung der Kammer ist es auch den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten, die Kosten des Verfahrens vorzuschießen. Allerdings geht die Kammer im Grundsatz zutreffend davon aus, dass – entsprechend der Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des OLG Naumburg (OLG Naumburg, Beschl. ...