Verfahrensgang

LG Magdeburg (Aktenzeichen 9 O 2825/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des klagenden Landes wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 7.6.2001 (Az. 9 O 2825/00) aufgehoben.

Die Beklagten zu 2) und zu 3) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 4.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Das klagende Land hat die Beklagten zu 2) und zu 3) neben der früheren Beklagten zu 1) auf Auflassung ihrer – genau bezeichneten – Miteigentumsanteile an verschiedenen Bodenreformgrundstücken in Anspruch genommen. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens haben die Beklagten zu 2) und zu 3) fristgerecht Verteidigungsbereitschaft angezeigt, dann aber den Klaganspruch anerkannt. Mit „Anerkenntnis-Teilurteil (gem. § 307 Abs. 2 ZPO)” hat das LG die Beklagten zu 2) und zu 3) antragsgemäß verurteilt. Die Kostenentscheidung wurde insgesamt dem Schlussurteil vorbehalten. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) war das Verfahren zunächst gem. § 239 ZPO unterbrochen. Es wurde gegen die Erben der Beklagten zu 1) wieder aufgenommen; sodann wurde auf Antrag der Erben und des klagenden Landes wegen schwebender Vergleichsverhandlungen erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben eine Kostenentscheidung unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits gegen die Rechtsnachfolger der Beklagten zu 1) beantragt, weil ihnen ein längeres Abwarten nicht zuzumuten sei. Das LG hat ohne Anhörung des klagenden Landes im Wege eines Beschlusses dem klagenden Land die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und zu 3) auferlegt. Die Beklagten zu 2) und zu 3) hätten keine Veranlassung zur Klage gegeben, weil sie vorprozessual nie zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung aufgefordert worden seien. Das Anerkenntnis sei ein sofortiges, weil die Klage unschlüssig gewesen sei; ein Anspruch des klagenden Landes auf Übertragung von Miteigentumsanteilen haben nämlich nicht bestanden.

Gegen diesen Beschluss hat das klagende Land (sofortige) Beschwerde eingelegt. Die Beklagten zu 2) und zu 3) hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, haben sich aber nicht geäußert.

II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 99 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde die Frist des § 577 Abs. 2 ZPO eingehalten. In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

1. Das LG hat gegen § 99 Abs. 2 S. 2 ZPO verstoßen, indem es eine Kostenentscheidung getroffen hat, ohne den Gegner – das klagende Land – zu hören. Diese Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör ist durch die Anhörung im Rahmen des Verfahrens über die sofortige Beschwerde jedoch geheilt worden.

2. Die Voraussetzungen einer Kostenentscheidung nach § 93 ZPO sind nicht erfüllt.

a) Die Beklagten haben nicht im Sinne dieser Vorschrift „sofort” anerkannt, weil sie zunächst Verteidigungsbereitschaft angezeigt, also gerade nicht zum Ausdruck gebracht hatten, dass sie den Klaganspruch anerkennen wollten. Die Verteidigungsanzeige hindert den Erlass eines Anerkenntnisurteils nach § 307 Abs. 2 ZPO nicht, weil diese Vorschrift nur eine Aufforderung nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO, nicht aber die Einhaltung der Notfrist von zwei Wochen verlangt (Bohlander, NJW 1997, 35f; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 307 Rz. 46; Musielak in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 307 Rz. 28; Musielak in Musielak, ZPO, § 307 Rz. 19; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 307 Rz. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 307 Rz. 3a; aA möglicherweise OLG Nürnberg v. 12.2.1998 – 11 WF 384/98, MDR 1998, 680 = OLGReport Nürnberg 1998, 161); „sofortig” i.S.v. § 93 ZPO ist ein auf eine Verteidigungsanzeige folgendes Anerkenntnis jedoch nicht mehr (vgl.- neben den oben angegebenen Fundstellen – etwa Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rz. 4 m.w.N.; aA etwa Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., § 276 Rz. 13 m.w.N.).

b) Entgegen der Ansicht des LG war die Klage auch nicht unschlüssig. Die Erben einer verstorbenen Person, die bei Ablauf des 15.3.1990 als Eigentümerin eines aus der Bodenreform stammenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen war, bilden gem. Art. 233 § 11 Abs. 2 Ziff. 2 EGBGB hinsichtlich dieses Grundstücks eine Gemeinschaft, auf die die Vorschriften der §§ 741ff BGB anzuwenden sind. Gemäß § 747 S. 2 BGB können die Teilhaber einer Gemeinschaft über den gemeinschaftlichen Gegenstand im ganzen nur gemeinschaftlich verfügen. Über seinen Anteil ist jeder Teilhaber jedoch allein verfügungsbefugt (§ 747 S. 1 BGB). Der Anspruchsberechtigte nach Art. 233 § 11 Abs. 3 S. 1 EGBGB kann daher von jedem Miteigentümer die Verfügung über dessen Miteigentumsanteil verlangen, statt sämtliche Miteigentümer auf eine gemeinschaftliche Verfügung über das Grundstück insgesamt in Anspruch zu nehmen (BGH VIZ 2001, 103 [104]). So ist das klagende Land hier vorgegangen.

3. Eine Kostenentscheidung zum Nachteil der Beklagten zu treffen, besteht derzeit kein Anlass; denn dass die Beklagten dann, wenn eine Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten nicht ergange...

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