Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Einzelverfügung nach der Rechtslehre der DDR im Wege der Umdeutung als wirksames Einzeltestament aufrechterhalten werden kann.

 

Normenkette

ZGB DDR § 388; BGB § 2265

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 28.04.1997; Aktenzeichen 3 T 136/97)

AG Aschersleben (Aktenzeichen 5 VI 242/95)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 28. April 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung, auch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten, an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Am 22.04.1995 verstarb in A., seinem letzten Wohnsitz, der 59-jährige H. Sch. (im folgenden: der Erblasser). Aus der am 23.10.1964 geschiedenen Ehe des Erblassers sind drei Kinder, die Beteiligten zu 2. – 4. hervorgegangen. Der Erblasser lebte über 33 Jahre mit der Beteiligten zu 1. in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammen.

Am 09.04.1989 verfaßten der Erblasser und die Beteiligte zu 1. ein vom Erblasser eigenhändig ge- und unterschriebenes „Gemeinschaftliches Testament”, daß die Beteiligte zu 1. mitunterzeichnete. Das Testament hat folgenden Wortlaut:

„Ich lebe mit Frau C. K.

seit vielen Jahren zusammen,

Wir setzen uns zu gegenseitigen,

Erben ein, das sind

H. Sch.

geb. 22 Juli 1935

in S.

Wohnort A., F. Straße 1

und Frau C. K.

geb. 10 November 1930

in H.

Wohnort A., F. Straße 1”

Auf Antrag des Beteiligten zu 2. erteilte das Amtsgericht – Nachlaßgericht – A. diesem am 12.06.1995 einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts, das die Beteiligten zu 2. – 4. zu je 1/3 Erben des Erblassers geworden sein. Bereits am 06.06.1995 war beim Nachlaßgericht ein Antrag der Beteiligten zu 1. auf Eröffnung des Testaments vom 09.04.1989 und auf Erteilung eines Erbscheines dahingehend eingegangen, daß die Beteiligte zu 1. testamentarische Alleinerbin des Erblassers geworden sei. Mit Beschluß vom 18.12.1995 zog das Nachlaßgericht den dem Beteiligten zu 2. erteilten Erbschein ein und erteilte am selben Tag den von der Beteiligten zu 1. beantragten Erbschein. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 23.07.1996, mit welchem er beantragte, den der Beteiligten zu 1. erteilten Erbschein einzuziehen, sowie den Beschluß über die Einziehung des Erbscheins vom 12.06.1995 „aufzuheben”. Zur Begründung stützte er sich darauf, daß das gemeinschaftliche Testament vom 09.04.1989 nichtig sei, da nicht von Ehegatten errichtet.

Mit Beschluß vom 25.07.1996 hat das Nachlaßgericht den der Beteiligten zu 1. am 18.12.1995 erteilten Erbschein eingezogen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1. Beschwerde eingelegt, der die Nachlaßrichterin nicht abgeholfen hat. Sie hat die Beschwerde daher dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 25.07.1996 aufgehoben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel zu lässig. Es ist gemäß §§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG statthaft. Entgegen dem Wortlaut dieser Vorschrift hängt die Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde nicht, wie die Beteiligte zu 1. meint, davon ab, daß die angefochtene Beschwerdeentscheidung auf einer Gesetzesverletzung beruht (Kuntze, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 27 Rdn. 11). Vielmehr dient das Verfahren der weiteren Beschwerde gerade der Prüfung, ob eine Gesetzesverletzung vorliegt. Diese kann daher nicht Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels sein.

Im übrigen ist die gem. § 29 Abs. 1 S. 1 und 2 FGG gebotene Form gewahrt. Die erforderliche Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2. (§§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG) folgt daraus, daß durch die landgerichtliche Entscheidung die von ihm behauptete Stellung als gesetzlicher Miterbe des Erblassers im Gegensatz zur Ausgangsentscheidung des Nachlaßgerichts vom 25.07.1996 inzident verneint wurde.

2. Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg; denn der angefochtene Beschluß der Beschwerdekammer beruht auf einer Gesetzesverletzung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO.

a) Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beteiligte zu 1. sei aufgrund des Testamentes vom 09.04.1989 Alleinerbin des Erblassers geworden. Zwar sei die Errichtung gemeinschaftlicher Testamente gem. § 2265 BGB Ehegatten vorbehalten, die in einem gemeinschaftlichen Testament von Nichtehegatten getroffenen Verfügungen könnten jedoch im Wege der Umdeutung als Einzelverfügungen aufrechterhalten werden, soweit sie der Form des § 2247 BGB entsprächen. Dies sei hier bezüglich der letztwilligen Verfügung des Erblassers der Fall, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine wechselbezügliche Verfügung des Erblassers handele oder nicht. Denn dem Gesetz könne nicht entnommen werden, daß wechselbezügliche Verfügungen, die in einem gemeinschaftlichen Testament von Nichtehegatten enthalten seien, nichtig sind. Entscheidend sei allein, ob die jewe...

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