Verfahrensgang
LG Stendal (Entscheidung vom 07.07.2023; Aktenzeichen 508 StVK 270/23) |
LG Magdeburg (Entscheidung vom 16.11.2020; Aktenzeichen 25 KLs 19/20) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 19. Juli 2023 wird der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 07. Juli 2023 aufgehoben.
2. Die weitere Vollstreckung der Gesamtstrafen aus dem Urteil Landgerichts Magdeburg vom 16. November 2020 (Az: 25 KLs 19/20) ist derzeit unzulässig. Der Verurteilte ist aus der Strafhaft zu entlassen.
3. Dem Verurteilten wird Rechtsanwalt F. aus B. im Strafvollstreckungsverfahren beigeordnet.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten darin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Das Landgericht Magdeburg hat den Beschwerdeführer unter dem 16. November 2020, rechtskräftig seit dem 24. März 2021, wegen Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und wegen Diebstahls verurteilt (Az.: 25 KLs 19/20). Es hat unter Einbeziehung zweier amtsgerichtlicher Urteile eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verhängt. Darüber hinaus hat es eine weitere Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten (Tatzeit: 14. Juli 2018) ausgesprochen. Es hat die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von sechs Monaten der Strafe angeordnet.
Mit Urteil vom 27. Januar 2021, rechtskräftig seit dem 09. April 2021, hat das Landgericht Braunschweig (AZ.: 5 Ns 133/20) gegen den Verurteilten eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchsdiebstahls und gemeinschaftlichen Diebstahls verhängt und ebenfalls seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die der Verurteilung zugrunde liegenden Taten hat der Verurteilte in der Nacht vom 23. auf den 24. Januar 2019 begangen.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Magdeburg mit Schreiben vom 03. Juli 2023 die Auffassung vertreten hatte, die mit Urteil des Landgerichts Magdeburg angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei aufgrund der nachfolgenden Anordnung der Maßregel durch das Landgericht Braunschweig erledigt, gab die Staatsanwaltschaft Braunschweig (Az.: NZS 101 Js 37385/19) unter dem 15. September 2021 eine Änderung der Vollstreckungsreihenfolge gem. § 44b StVollstrO bekannt: Zur Erreichung des Maßregelzwecks wurde die vorherige Vollstreckung der Freiheitsstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Magdeburg bis zur jeweiligen Aussetzungsreife der beiden Freiheitsstrafen angeordnet.
Dem folgend wurde in der Zeit vom 03. November 2021 bis zum Halbstrafentermin am 01. Juli 2022 gegen den Verurteilten zunächst die Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Magdeburg vollstreckt. Seit dem 02. Juli 2022 befindet er sich in der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Nach Erreichen des Zweidritteltermins in dieser Sache soll er zum 10. Dezember 2024 in die Entziehungsanstalt, den Maßregelvollzug in Bg. , aufgenommen werden. Dieser hat den Aufnahmetermin bestätigt.
Unter dem 31. Mai 2023 beantragte der Verurteilte über seinen Verteidiger, aus der Strafhaft entlassen zu werden, da sowohl die Dauer des angeordneten Vorwegvollzuges als auch eine "allenfalls für drei Monate zulässige" Organisationshaft abgelaufen seien. Mit Bescheid vom 02. Juni 2023 verwies die Staatsanwaltschaft Magdeburg auf die auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Braunschweig geänderte Vollstreckungsreihenfolge. Die mit Urteil des Landgerichts Magdeburg angeordnete Maßregel (und damit der Vorwegvollzug) sei mit der Anordnung der Maßregel im Urteil des Landgerichts Braunschweig gem. § 67f StGB erledigt.
Hiergegen wandte sich der Verurteilte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14. Juni 2023. Er beantragte die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf umgehende Entlassung aus der Strafhaft und die Beiordnung seines Verteidigers als Pflichtverteidiger.
Mit Beschluss vom 07. Juli 2023 (AZ.: 508 StVK 270/23) verwarf die Strafkammer 8 des Landgerichts Stendal - Auswärtige Strafvollstreckungskammer mit Sitz in Burg - den Antrag auf Entlassung aus der Strafhaft als unzulässig und lehnte die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ab. Es werde derzeit keine Organisationshaft vollstreckt, sodass insoweit keine Entscheidung erforderlich sei. Da noch nicht für alle Strafen Aussetzungsreife bestünde, könne eine Entscheidung nach § 57 StGB nicht getroffen werden. Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers sei nicht erforderlich, weil kein Fall der Schwere des Vollstreckungsfalls vorliege.
Gegen diesen Beschluss, seinem Verteidiger zugestellt am 20. Juli 2023, wendet sich der Verurteilte mit der sofortigen Beschwerde vom 19. Juli 2023, die mit Schriftsatz vom 02. August 2023 begründet wurde.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu Stellung genommen mit Zuschriften vom 10. August 2023 und 07. September 2023 und beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Dem Verurteilten wurde hierzu rechtliches Ge...