Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zuschlagserteilung durch Bestätigung einer - wegen Verstoßes gegen das prozessuale Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB - nichtigen Annahmeerklärung, § 141 BGB.

2. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hängt nicht davon ab, dass der Antragsteller nach rechtzeitiger Rüge eines Vergabeverstoßes ggü. der Vergabestelle auch eine Wartefrist bis zur Einreichung des Nachprüfungsantrages verstreichen lässt.

3. Ein Schaden i.S.v. § 107 Abs. 2 GWB droht einem Antragsteller durch einen behaupteten Vergaberechtsverstoß nicht, wenn sein Angebot bereits aus anderen Gründen zwingend ausgeschlossen werden muss (ständige Rechtsprechung des Senats).

4. Lässt sich den Eintragungen eines Bieters im Formblatt EFB-NU (Erklärung zum Nachunternehmereinsatz) wegen der Nichtaufführung der Ordnungsziffern auch im Wege der Auslegung nicht genau entnehmen, welche Teilleistungen in welchem Umfang durch den jeweiligen Nachunternehmer ausgeführt werden sollen, so ist das Angebot wegen Unvollständigkeit der geforderten Erklärungen nach §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b), 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A zwingend von der weiteren Angebotswertung auszuschließen.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Halle (Beschluss vom 14.06.2005; Aktenzeichen VK 2 LVwA LSA-14/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Halle vom 14.6.2005 - VK 2 LVwA LSA-14/05, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin, die auch die Auslagen der Beigeladenen zu erstatten hat.

 

Gründe

I. Am 22.12.2004 hat die Vergabestelle Bauleistungen (hier: Rohbau und Estrich) zum Umbau des Bettenhauses 3 am Städtischen Klinikum M., Los 750, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zur Vergabe im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Als Frist zur Angebotsabgabe und als Eröffnungstermin für das Los 750 wurde der 15.2.2005 bestimmt.

Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, die unter Verwendung des Formblatts EVM (B) EG erfolgte, enthielt unter der Nr. 3 die folgenden Forderungen:

"3.1 Der Bieter hat zum Nachweis seiner Zuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 1 S. 4 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister (§ 150a Gewerbeordnung) auf Verlangen der Vergabestelle vorzulegen.

Der Auszug darf nicht älter als drei Monate sein."

"3.2 Mit dem Angebot sind vorzulegen: Benennung der Nachauftragnehmer und Auszug aus dem Gewerbezentralregister (einschließlich NAN)."

Den Verdingungsunterlagen sind entsprechende Formblätter "Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen" (hier: EFB-NU 317a und 317b) beigefügt. Bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 15.2.2005 reichten 21 Unternehmen, darunter auch die Antragstellerin, insgesamt 25 Angebote, davon 4 Nebenangebote, für das Los 750 bei der Vergabestelle ein. Das von der Antragstellerin eingereichte Formblatt EFB-NU 317b enthält zwar Angaben zu Nachunternehmern, ist jedoch nicht vollständig ausgefüllt. Sie hat es insb. unterlassen, die Ordnungsziffern (OZ) der zu vergebenden Leistungen einzutragen. Die durch Nachunternehmer zu erbringenden Leistungen hat sie lediglich mit allgemeinen Begriffen benannt: "Abbrucharbeiten", "Estricharbeiten" und "Stahlarbeiten". Die Antragstellerin fügte ihrem Angebot Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister über ihre Firma und die Nachunternehmer bei. In einem Fall stammte die Auskunft über den Nachunternehmer vom 3.11.2004 stammte.

Mit Schreiben vom 10.5.2005, das der Antragstellerin am 17.5.2005 zuging, informierte die Vergabestelle die Antragstellerin auf Formblatt gem. § 13 VgV darüber, dass sie beabsichtigte, der Beigeladenen am 26.5.2005 den Zuschlag zu erteilen. Das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin mit Zweifeln an der Angemessenheit eines Preises und fehlenden Kalkulationsunterlagen der Nachunternehmer begründet.

Mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 18.5.2005, den sie zeitgleich mit einer Rüge eingereicht hat, hat die Antragstellerin geltend gemacht, für das Los 750 das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben zu haben. Im Übrigen käme es ihrer Ansicht nach bei der Prüfung der Angebote nicht auf die Preise in einzelnen Positionen oder Teilbereichen an, sondern es sei ausschließlich auf den Gesamtpreis abzustellen. Ein Aufklärungsgespräch zu ihrer Kalkulation oder zu sonstigen eventuellen Unklarheiten habe es nicht gegeben und die Vergabestelle habe nie Kalkulationsunterlagen ihrer Nachunternehmer verlangt. Alle objektiv geforderten Erklärungen, so hat die Antragstellerin gemeint, habe sie vollständig bei der Vergabestelle eingereicht. Die Antragstellerin hat ein Zuschlagsverbot und die Überprüfung des Vergabeverfahrens beantragt.

Die Vergabestelle hat die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages begehrt. Sie hat die Nichtberücksichtigung des Angebots der Antragstellerin aus den im Informationsschreiben bereits mitgeteilten Gründen verteidigt.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit Beschl. v. 14.6.2005, der Antragsteller...

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