Leitsatz (amtlich)

1. Die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Ausübung der Nachlasspflegschaft kann jederzeit, auch im Abhilfeverfahren, nachgeholt werden.

2. Die Festsetzung eines Vergütungsanspruchs des Nachlasspflegers gegen die Staatskasse nach § 1 Abs. 2 VBVG ist auch geboten, wenn der Verwertung des Nachlasses ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis entgegensteht oder die Verwertung nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden kann (hier bejaht für die Verwertung eines Anteils an Grundstückeigentum in ungeteilter, sehr zerstrittener Erbengemeinschaft).

 

Verfahrensgang

AG Quedlinburg (Beschluss vom 10.05.2010; Aktenzeichen 1 VI 138/08)

AG Quedlinburg (Beschluss vom 08.12.2009; Aktenzeichen 1 VI 138/08)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Nachlasspflegers werden die Beschlüsse des AG Quedlinburg - Nachlassgericht - vom 8.12.2009 und vom 10.5.2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Nachlasspfleger V. G. das Amt berufsmäßig ausübt.

2. Auf Antrag des Nachlasspflegers vom 16.10.2009 wird die ihm für seine Tätigkeit in der Zeit vom 26.8.2008 bis zum 16.10.2009 aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 520,67 EUR festgesetzt.

3. Im Übrigen wird der Vergütungsantrag vom 16.10.2009 zurückgewiesen.

4. Der darüber hinausgehende, bereits ausgezahlte Betrag i.H.v. 130,38 EUR ist an die Staatskasse zurückzuerstatten.

5. Eine eventuelle weitere Rückforderung durch die Staatskasse bleibt vorbehalten.

II. Die weiter gehende Beschwerde des Nachlasspflegers wird zurückgewiesen.

III. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

IV. Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 651,05 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Am 2.2.2006 verstarb der Erblasser. Zum Nachlass gehört ein Anteil von einem Fünftel an mehreren Grundstücken in R., darunter - eine - Gebäude- und Freifläche in der Größe von 902 qm, bebaut mit einem 1953 errichteten sog. Neubauernhaus, und eine Freifläche von 614 qm, auf der sich eine Scheune befindet, im Übrigen landwirtschaftlich genutzte Flächen in einer Größe von 73.742 qm. Weitere Aktivvermögenswerte sind im Nachlassverzeichnis nicht aufgeführt.

Mit Beschluss vom 17.6.2008 ordnete das AG Quedlinburg - Nachlassgericht - eine Nachlasspflegschaft an. Zum Nachlasspfleger bestimmte es V. G., S. 23, Q.. Der Wirkungskreis des Nachlasspflegers umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, die Ermittlung der unbekannten gesetzlichen Erben (nach einer Erbausschlagung) sowie die Vertretung der unbekannten Erben hinsichtlich des Grundstücksverkaufs.

Der Nachlasspfleger hat mit Vergütungsantrag 58/2009 vom 16.10.2009, beim AG Quedlinburg eingegangen am 20.10.2009, die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. 651,05 EUR aus der Staatskasse beantragt. Der Vergütungsberechnung liegt ein Arbeitsaufwand von 19 Stunden und 55 Minuten und ein Stundensatz von 25 EUR zugrunde; hierzu sind Mehrwertsteuer (19 %) sowie Auslagen i.H.v. 58,43 EUR (49,10 EUR netto) hinzugerechnet worden.

Nachdem das AG zunächst durch Beschluss vom 8.12.2009 die Vergütung des Nachlasspflegers gegen die Staatskasse antragsgemäß, jedoch unter dem Vorbehalt der Rückforderung festgesetzt und die Landeskasse den Betrag auch an den Nachlasspfleger erstattet hatte, hat das AG einer hiergegen gerichteten Beschwerde der Bezirksrevisorin beim LG Magdeburg mit seinem Beschluss vom 10.5.2010 abgeholfen und die Rückerstattung des ausgezahlten Betrages angeordnet. Im selben Beschluss hat das AG - insoweit der Beschwerde der Bezirksrevisorin nicht folgend - die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Ausübung der Nachlasspflegschaft nachgeholt.

Der Nachlasspfleger hat gegen den vom AG am 17.6.2010 an ihn abgesandten Beschluss mit einem am 13.7.2010 eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

B.I. Die Beschwerde des Nachlasspflegers ist nach § 58 Abs. 1 FamFG zulässig, insbesondere ist die nach § 61 Abs. 1 FamFG notwendige Mindestbeschwer von 600 EUR überschritten. Der Nachlasspfleger hat die Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG gewahrt.

Für die Zulässigkeit und das Verfahren gilt hier das FamFG. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht in Nachlasssachen wird in § 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, welche vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind oder deren Einleitung vor diesem Stichtag beantragt worden ist, weiter die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Abs. 2 stellt klar, dass jedes gerichtliches Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren i.S.v. Abs. 1 der Vorschrift ist. In diesem Sinne leitet im Rahmen einer bestehenden Nachlasspflegschaft jeder Vergütungsfestsetzungsantrag ein selbständiges Verfahren ein (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 22.2.2010 - 24 W...

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