Leitsatz (amtlich)
Für das Überprüfungsverfahren von gerichtlichen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls nach §§ 166 FamFG, 1696 BGB kann grundsätzlich Verfahrenskostenhilfe wie im Ausgangsverfahren bewilligt werden. Ist die Entscheidung im Ausgangsverfahren noch nicht rechtskräftig, so kann gleichwohl wegen des Zeitablaufs ein Überprüfungsverfahren angezeigt sein.
Verfahrensgang
AG Zerbst (Beschluss vom 19.07.2011; Aktenzeichen 7 F 130/11 SO) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Zerbst/Anhalt vom 19.7.2011 - 7 F 130/11 SO, abgeändert und der Kindesmutter für das von ihr angeregte und vom AG durchzuführende Prüfverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. aus D. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gemäß den §§ 76 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Kindesmutter gegen den ihr auch nach Antragsänderung - für das gesetzlich nach § 166 Abs. 2 FamFG sogar vorgeschriebene Überprüfungsverfahren - die begehrte Verfahrenskostenhilfe versagende amtsgerichtliche Entscheidung vom 19.7.2011, hat auch in der Sache Erfolg.
Denn unabhängig von der Frage der Rechtskraft der nach § 1666 BGB zum Wohle des Kindes getroffenen Entscheidung, hat das AG schon von Amts wegen länger andauernde kindesschutzrechtliche Maßnahmen, wie hier den teilweisen Sorgerechtsentzug zu Lasten der Kindesmutter, in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen. Unter Beachtung dessen, dass das AG den teilweisen Sorgerechtsentzug vor fast einem Jahr beschlossen hat und auch die diesen Sorgerechtsentzug bestätigende Senatsentscheidung bereits Ende 2010 ergangen ist, über die hiergegen, aber nur sich auf den formellen Streitpunkt einer zusätzlichen Ergänzugspflegerbestellungsnotwendigkeit beschränkte Rechtsbeschwerde noch nicht entschieden ist, erscheint eine amtswegige Überprüfung der nach § 1666 BGB vom AG getroffenen Maßnahme auf jeden Fall geboten, noch dazu, wenn man die Wertung von § 166 FamFG und die darin erwähnte 3-Monatsfrist zur Überprüfung nicht getroffener kindesschutzrechtlicher Maßnahmen mit heranzieht.
Der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zugunsten der Kindesmutter steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass es sich bei ihrem korrigierten Antrag eigentlich nur um eine Anregung zum amtswegigen Tätigwerden handelt. Denn im Rahmen des Prüfungsverfahrens ist die Kindesmutter Beteiligte. Unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in ihr Elternrecht, ihrer dem Senat aus dem früheren Beschwerdeverfahren bekannte geschäftliche Unerfahrenheit und wegen der immer noch ungeklärten Rechtsfrage der Notwendigkeit einer Ergänzungspflegerbestellung war der Kindesmutter auch für dieses vom AG auf Anregung der Kindesmutter durchzuführende Überprüfungsverfahren die begehrte Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Mithin hatte die sofortige Beschwerde der Kindesmutter Erfolg.
II. Die Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 1 FamGKG, Nr. 1911 KV der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG und § 76 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2847978 |
FuR 2012, 206 |