Leitsatz (amtlich)
Begehrt ein inhaftierter Verurteilter die Verlegung in ein anderes Bundesland, und werden die Zustimmungen der obersten Vollzugsbehörden der beteiligten Länder nicht erteilt, ist der Verurteilte gehalten, gegen die ablehnenden Entscheidungen in zwei Verfahren vorzugehen. Dem Verurteilten kann es dabei nicht zugemutet werden, seinen Verlegungsantrag zunächst im Wege des § 109 StrVollzG gegenüber dem Bundesland, in dem er derzeit inhaftiert ist, geltend zu machen, um dann im Falle eines Obsiegens noch ein weiteres, sich daran zeitlich anschließendes Verfahren nach § 23 EGGVG gegen das Bundesland zu betreiben, in das er verlegt werden will. Ein solches gestaffeltes und damit zeitaufwändiges Verfahren widerspricht der durch Art 19 Abs. 4 Grundgesetz verbürgten Garantie auf effektiven Rechtsschutz.
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antrag des Verurteilten vom 25. Juli 2011, die Zustimmung zu seiner Verlegung aus der Justizvollzugsanstalt S. in die Justizvollzugsanstalt B. zu erteilen, förmlich zu bescheiden.
2. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. aus R. gewährt.
3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Der Geschäftswert wird auf 3.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Verurteilte verbüßt derzeit noch eine Reststrafe von 1146 Tagen aus dem Urteil des Landgerichts Dessau vom 18. Mai 1998 in der Justizvollzugsanstalt S.. Das Terminsende ist auf den 02. September 2015 berechnet. Er begehrt seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt S. in die Justizvollzugsanstalt B. in Sachsen - Anhalt.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2011 wandte er sich deshalb an das Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt und beantragte, dass das Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt seine Verlegung in die Justizvollzugsanstalt B. anordnet.
Mit Schreiben vom 08. September 2011 teilte das Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt dem Verurteilten mit, dass das genannte Schreiben des Verurteilten an das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zugeleitet wurde, da die Zuständigkeit für die vollzuglichen Entscheidungen bei der bayrischen Landesverwaltung liegen würden. Weiter heißt es in dem Schreiben:"Ich weise allerdings darauf hin, dass eine Verlegung in ein anderes Bundesland der Zustimmung des aufnehmenden Bundeslandes bedarf. Da die Gründe, die seinerzeit zu ihrer Verlegung in den Bayerischen Justizvollzug geführt haben, weiter fortbestehen, kann ich eine solche Zustimmung selbst für den Fall, dass die Bayerische Landesjustizverwaltung Ihre Verlegung befürworten wollte, nicht in Aussicht stellen. Zudem vermögen die von Ihnen vorgetragenen Gründe ihre Verlegung nicht zu überzeugen".
Einen Antrag auf Verlegung des Verurteilten lehnte die Justizvollzugsanstalt S. mit Bescheid vom 08. November 2011 ab. Gegen den Bescheid der Justizvollzugsanstalt S. stellte der Verurteilte am 15. November 2011 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgericht S. einen Antrag bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg nach § 109 StVollzG und beantragte u. a., die Justizvollzugsanstalt S. zu verpflichten, seine Verlegung zu vollziehen (Anträge Nr. 1 und 2) und das Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt zu verpflichten, ihn in der Justizvollzugsanstalt B. unterzubringen (Antrag Nr.3). Am 15. Dezember 2011 beantragte er zudem, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm Rechtsanwalt F. aus R. beizuordnen.
Nachdem die Justizvollzugsanstalt S. den Bescheid vom 08. November 2011 aufgehoben hatte, wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg den Verurteilten mit Schreiben vom 24. Januar 2012 darauf hin, dass ein Rechtsschutzbedürfnis durch die Aufhebung des Bescheides nicht mehr vorhanden und sein gegen die Justizvollzugsanstalt S. gerichteter Antrag daher erledigt sei, sowie dass sein Antrag, dass Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt zu verpflichten, ihn in der Justizvollzugsanstalt B. unterzubringen, unzulässig sei, da alleiniger Antragsgegner in dem nach § 109 StVollZG geführten Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer die Justizvollzugsanstalt S. sei.
Mit Schreiben vom 06. Februar 2012 teilte der Verurteilte der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit, dass er auf eine Entscheidung über seinen Antrag zu Nr. 3, - das Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt zu verpflichten, ihn in der Justizvollzugsanstalt B. unterzubringen - bestehe. Vorsorglich beantragte er die Verweisung an das zuständige Gericht.
Mit Beschluss vom 14. März 2012 stellte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg fest, dass die Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen die Justizvollzugsanstalt vom 15. November 2011 in der Hauptsache erledigt seien. In Bezug auf Nr. 3. des Antrages vom 15. November 2011 (Verpflichtung des Justizministerium des Landes Sachsen - Anhalt) erklärte die Strafvollstreckungskammer den Rechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Obe...