Leitsatz (amtlich)
Der Gesetzgeber hat mit dem KindUG die Möglichkeit geschaffen, sog. statische Titel (§ 1612 BGB) in dynamische Titel (§ 1612a BGB) umzuwandeln. Diese Möglichkeit ist befristet bis zum 30.6.2003 (Art. 8 Abs. 2 KindUG).
Wird gegen einen rechtzeitig ergangenen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und ist über diese erst nach dem 30.6.2003 zu entscheiden, fehlt für eine Abänderung die rechtliche Grundlage; der Abänderungsbeschluss ist daher aufzuheben.
Verfahrensgang
AG Dessau (Beschluss vom 13.02.2003; Aktenzeichen 3 FH 32/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Dessau vom 13.2.2003 aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers vom 12.8.2002 auf Abänderung der Urkunde des Jugendamtes Dessau vom 4.6.1996 (Reg. Nr. 302/1996) wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller nach einem Wert von 777,96 Euro.
Gründe
Der Antragsteller ist Beistand des am 16.6.1995 geborenen Kindes M.M.
Der Antragsgegner hat sich mit Urkunde des Jugendamtes Dessau vom 4.6.1996 verpflichtet, an das Kind ab dem 7. Lebensjahr einen monatlichen Unterhalt von 280 DM zu zahlen; Kindergeld wurde i.H.v. 100 DM angerechnet.
Mit Antrag vom 12.8.2002 hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf Artikel 5 § 3 KindUG und Artikel 4 § 2 Gewaltschutzgesetz beantragt, diesen Titel dahin abzuändern, dass die Verpflichtung des Antragsgegners 100 % des Regelunterhalts der 2. Altersstufe abzgl. 3 Euro anteiliges Kindergeld und ab 1.6.2007 der dritten Altersstufe ohne Kindergeldanrechnung beträgt.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das AG dem Antrag entsprochen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.
Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. fristgemäß eingelegt und auch begründet worden.
Der angefochtene Beschluss ist dem Antragsgegner am 5.3.2003 zugestellt worden, sein Rechtsmittel dagegen ist am 19.3.2003, also innerhalb der gesetzlichen zweiwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 569 ZPO) beim AG eingegangen.
Das Rechtsmittel hat den Nichteintritt der formellen Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung bewirkt (sog. Suspensiveffekt).
Das Rechtsmittel ist auch begründet, ob aus den vorgetragen Gründen kann dahingestellt bleiben, denn für die Umstellung des ursprünglichen Vollstreckungstitels aus dem Jahre 1996 fehlt seit dem 1.7.2003 eine gesetzliche Grundlage.
Der Gesetzgeber hat mit dem KindUG die Möglichkeit geschaffen, sog statische, d.h. auf einen Betrag lautende Unterhaltstitel in dynamische Titel und auch die Kindergeldanrechnung an die neue Rechtslage (vgl. § 1612b Abs. 5 BGB) anzupassen.
Diese Möglichkeit hat er aber befristet vom 1.7.1998 bis zum 30.6.2003. Denn Artikel 8 Absatz 2 KindUG bestimmt, dass Artikel 5 §§ 2,3, und 4 des KindUG am 1.7.2003 außer Kraft treten.
Da eine gesetzliche Grundlage für die angefochtene und nicht rechtskräftige Entscheidung fehlt, war auf das Rechtsmittel hin der Beschluss aufzuheben und der ihm zugrundeliegende Antrag abzuweisen.
Die Kosten des Verfahrens trägt nach §§ 91, 92 ZPO der Antragsteller.
Kleist Hellriegel Harms
Fundstellen
Haufe-Index 1109023 |
FuR 2004, 377 |
OLGR-NBL 2004, 29 |
www.judicialis.de 2003 |