Leitsatz (amtlich)
Auch wenn die Widerklage des Insolvenzverwalters erst nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erhoben worden ist, können wegen des Grundsatzes der Einheit der Kostenentscheidung keine auf die Widerklage zu beziehende Kosten separiert werden, die als Neumasseverbindlichkeiten qualifiziert werden könnten, für deren gerichtliche Kostenfestsetzung ein Rechtsschutzinteresse bestehen könnte.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 07.07.2015; Aktenzeichen 3 O 1959/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Halle vom 7.7.2015, mit dem der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.12.2014 aufgehoben worden ist, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 10.000,00 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin hat am 29.12.2011 gegen den Beklagten zu 1) eine Zahlungsklage über 50.400,00 EUR bei dem LG anhängig gemacht (3 O 1959/11), die am 11.1.2012 zugestellt worden ist. Mit dem am 10.4.2012 bei dem LG eingegangenen Schriftsatz vom 10.4.2012 hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 2) erweitert. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten zu 2) am 21.4.2012 zugestellt worden. Der Beklagte zu 2) hat unter dem 12.3.2012 seinerseits einen Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen einer Klage auf Zahlung von 134.607,34 EUR und auf Abgabe einer Freigabeerklärung eingereicht (3 O 82/12). Ihm ist mit dem Beschluss vom 20.6.2012 insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Auf die Zustellung (7.9.2012) des Schriftsatzes vom 24.8.2012, mit dem der Beklagte zu 2) seine angekündigten Anträge nunmehr als Widerklage bezeichnet, ist das Verfahren 3 O 82/12 schließlich mit Beschluss vom 10.1.2013 zu dem führenden Verfahren 3 O 1959/11 verbunden worden.
In dem Insolvenzverfahren des AG Halle (Saale) 59 IN 488/08 über das Vermögen der P. GmbH & Co. KG hat der Beklagte zu 2) am 9.7.2012 Masseunzulänglichkeit angezeigt.
Mit Urteil vom 29.11.2013 hat das LG Halle die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, 106.761,34 EUR an den Beklagten zu 2) zu zahlen und die Willenserklärung abzugeben, der Auszahlung von 50.400,00 EUR an Rechtsanwalt Dr. J. W. zuzustimmen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Naumburg (5 U 5/14) mit dem am 2.4.2014 verkündeten Urteil das angefochtene Urteil dahingehend abgeändert, dass die Klägerin auf die Widerklage nur noch 7.889,33 EUR zu zahlen hat. Außerdem hat der Senat angeordnet, dass die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) zu tragen hat und dass von den weiteren Kosten im ersten Rechtszug die Klägerin 1/4 und der Beklagte zu 2) 3/4 und von den weiteren Kosten im Berufungsverfahren die Klägerin 1/3 und der Beklagte zu 2) 2/3 zu tragen haben.
Auf die Kostenausgleichungsanträge der Parteien hat das LG Halle - Rechtspflegerin - unter dem 11.12.2014 beschlossen, dass die aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Oberlandesgerichts Naumburg vom 2.4.2014 von dem Beklagten zu 2) an die Klägerin auszugleichenden Kosten festgesetzt werden auf 9.234,58 EUR nebst Zinsen.
Gegen den ihm am 15.1.2015 zugestellten Beschluss hat der Beklagte zu 2) mit einem am 28.1.2015 bei dem LG eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass der Kostenerstattungsanspruch eine Altmasseverbindlichkeit sei, deren Vollstreckung unzulässig sei, weshalb für einen Kostenfestsetzungsbeschluss das Rechtsschutzinteresse fehle.
Das LG ist dieser Argumentation gefolgt und hat durch den Beschluss vom 7.7.2015 den Beschluss vom 11.12.2014 aufgehoben. Gegen diesen ihr am 17.7.2015 zugestellten Beschluss hat wiederum die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.7.2015, bei dem LG eingegangen am gleichen Tage, sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, dass das LG zu Unrecht ihren Kostenerstattungsanspruch als Altmasseverbindlichkeit angesehen habe. Er basiere nämlich nicht auf dem ursprünglichen Klageverfahren, sondern stamme vielmehr aus dem mit der Widerklage begründeten Prozessrechtsverhältnis. Widerklage sei erst nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit, nämlich am 7.9.2012 durch Zustellung an die Klägerin, erhoben worden. Zu einer erneuten Masseunzulänglichkeit sei nichts ersichtlich.
Mit Beschluss vom 22.9.2015 hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Über die sofortige Beschwerde war gemäß § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1, 21 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings unbegründet.
Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.12.2014 zu Recht aufgehoben. Es besteht kein Rechtsschutzinteresse der Klägerin, in der Form eines Kostenfestsetzungsbeschlusses einen Vollstreckungstitel zu erlangen, den sie nicht durchsetzen kann. Ihr Koste...