Normenkette

GmbHG § 16 Abs. 1 S. 1, § 40

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 27.10.2015)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.10.2015 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des LG sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht die Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 23.04.2015 geltend, mit dem der Geschäftsanteil ihres verstorbenen Ehemannes Dr. J. K. eingezogen worden ist.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsgegenstand die Produktion und der Vertrieb von Damen-Hygieneartikeln ist. Sie wurde im Jahre 2012 mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet. Gründungsgesellschafter waren der o.g. Dr. J. K. und M. C., jeweils mit einem Geschäftsanteil von 12.500 EUR. M. C. wurde von den Gesellschaftern zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.

Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu UR Nr. 86/2012 des Notars Dr. T. F. in A. vom 24.01.2012 (künftig: Satzung) enthält in Ziffer VI. Bestimmungen über Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse; danach gilt für Abstimmungen grundsätzlich das einfache Mehrheitsprinzip. Eine Bestimmung über die Versammlungsleitung in Gesellschafterversammlungen enthält die Satzung nicht. Weiter ist geregelt, dass - soweit keine notarielle Niederschrift aufgenommen wird - unverzüglich eine Niederschrift anzufertigen ist, in welcher der Tag der Verhandlung oder Beschlussfassung sowie der Inhalt der gefassten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung anzugeben sind.

Ziffer IX. 2. lit. d) der Satzung sieht unter anderem für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters die Einziehung von dessen Geschäftsanteil "ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters" vor. Nach IX. 3. ist der Beschluss mit einfacher Mehrheit zu fassen, wobei "der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht" hat. In Ziffer IX. 5. heißt es hierzu weiter:

"Die Einziehung kann jedoch nur innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt beschlossen werden, in dem die Gesellschaft und alle Gesellschafter von den Einziehungsvoraussetzungen Kenntnis erlangt haben..."

Im Falle der Einziehung ist dem betroffenen Gesellschafter nach Ziffer X. 1. eine Abfindung zu zahlen, für deren Festsetzung die Satzung weitere Regelungen enthält.

Am 26.08.2014 verstarb der Gesellschafter Dr. J. K.. Hierüber informierte die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten telefonisch am 27.08.2014. Am selben Tage hielt dieser eine Gesellschafterversammlung ab und beschloss die Einziehung des Geschäftsanteils des verstorbenen Mitgesellschafters, worüber er eine Niederschrift verfasste. Der Geschäftsführer der Beklagten informierte die Klägerin am 18.09.2014 in einem persönlichen Gespräch über diesen Beschluss. Nach übereinstimmenden Angaben beider Prozessparteien befand sich die Unternehmung im Jahr 2014 in einer wirtschaftlich schwierigen Lage.

In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Gesprächskontakten zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.03.2015, beim jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 23.03.2015 eingegangen, informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie nach den am 18.11.2014 eröffneten Verfügungen des Erblassers von Todes wegen, und zwar in Form zweier Erbverträge, als Alleinerbin eingesetzt worden sei. Dem Schriftsatz waren das Eröffnungsprotokoll des AG - Nachlassgericht - Köln vom 18.11.2014 und beide Erbverträge in Kopie beigefügt. Der Geschäftsführer der Beklagten trug die Klägerin nicht in die Liste der Gesellschafter der Beklagten ein.

Mit Schreiben vom 10.04.2015 lud der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin ("rein vorsorglich") zu einer Gesellschafterversammlung am 23.04.2015 ein; als Gegenstand der Versammlung wurde die Erörterung der bisherigen Einziehung des Geschäftsanteils des verstorbenen Mitgesellschafters und dessen vorsorgliche erneute Einziehung angekündigt. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben Bezug genommen.

An der Gesellschafterversammlung am 23.04.2015 nahmen der Geschäftsführer der Beklagten und Rechtsanwalt W. für die Klägerin teil. Der Vertreter der Klägerin, Rechtsanwalt W., widersprach der Versammlungsleitung durch den Geschäftsführer der Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten verkündete in der Versammlung den Beschluss, den Geschäftsanteil des verstorbenen Mitgesellschafters einzuziehen. Er hat unwidersprochen vorgetragen, dass er während der Verhandlung ein Protokoll erstellt habe; eine Abschrift hiervon ist weder der Klägerin ausgehändigt worden noch zur Gerichtsakte gelangt.

Am 25.08.2015 informierte die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten darüber, dass sie die Beantragung eines Erbscheins erwäge und ihr Steuerberater ihr geraten habe zu prüfen, ob sie das Erbe annehmen oder ausschlagen soll...

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